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Wie unser Gehirn uns täuscht

Empfehlung Wie unser Gehirn uns täuscht

Hast du auch schon mal erlebt, dass dir dein Gehirn einfach Streiche gespielt hat?

Es ist, als würde unser Gehirn uns einen Streich spielen. Es verdreht und verzerrt die Wahrheit, bis sie kaum noch erkennbar ist. Wir sehen Dinge, die nicht da sind und hören Stimmen, die nicht existieren. Unsere Gedanken sind chaotisch und verwirrend, als ob jemand anderes die Kontrolle über unseren Verstand übernommen hätte. In diesem Albtraum der Wahrnehmung ist es schwer, zwischen Realität und Fantasie zu unterscheiden.

Viele Menschen erinnern sich falsch an Ereignisse und Personen. Das wird als „Mandela-Effekt“ bezeichnet. Wie kommt es zu solchen Fälschungen in unseren Erinnerungen? Und welche unserer individuellen Erinnerungen sind noch falsch?

Warum wir manchmal an Dinge denken, die niemals passiert sind: Das Phänomen der False Memory.

Menschen können sich an Dinge erinnern, die niemals passiert sind. Wie ist das möglich? Forscher haben herausgefunden, dass es verschiedene Arten von falschen Erinnerungen gibt. Zum Beispiel können wir uns an Details einer Situation erinnern, die tatsächlich stattgefunden hat, aber anders waren, als wir sie in Erinnerung haben. Oder wir können uns vorstellen, dass wir etwas getan oder gesagt haben, obwohl das gar nicht stimmt. Es gibt auch Menschen, die sich an Dinge erinnern, die sie in einem Film oder Buch gesehen oder gelesen haben - als ob sie selbst diese Erfahrung gemacht hätten.

Es ist normal, sich an manche Dinge zu erinnern und sich an andere nicht zu erinnern. Doch ab und zu spielt uns unser Gedächtnis einen Streich und wir meinen uns an etwas zu erinnern, was so nie passiert ist. Diese Art von Erinnerungsverzerrung – falsche Erinnerungen, die von einer Gruppe geteilt werden -, bezeichnet die Wissenschaft als Konfabulation oder "Mandela-Effekt". Fiona Broome hat diesen Begriff 2009 geprägt, nachdem sie eine zufällige Unterhaltung über Nelson Mandelas Tod auf einer Konferenz hatte. Obwohl Mandela 1990 aus der Haft entlassen wurde und südafrikanischer Präsident von 1994 bis 1999 war, waren viele Menschen davon überzeugt, dass er in den achtzigern Jahren gestorben sei. Manche behaupteten sogar, sie könnten sich an Fernsehbilder seiner Beerdigung erinnern. In Wahrheit ist Nelson Mandela am 5. Dezember 2013 gestorben.

Mehr Beispiele für Täuschungen

Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Monopoly-Mann. Viele sehen in ihm einen alten, reichen Mann mit einem Monokel vor dem Auge. Doch tatsächlich trägt er keines. Unsere Vorstellung von ihm (Schnurrbart, Zylinder, Frack) hat uns hier getäuscht. Die Gedächtnisforschung spricht hier von so genannten "Schemata". Wenn ein Teil dieses Schemas aktiviert wird (Schnurrbart, Zylinder, Frack), dann wird oft das ganze Schema aktiviert - inklusive des Monokels. Ähnlich verhält es sich mit dem angeblichen "Zitat" "Luke, ich bin dein Vater". Je mehr Fan-Utensilien damit bedruckt werden, desto mehr Menschen glauben an seine Richtigkeit. Dabei übersehen sie die Tatsache, dass es sich lediglich um eine Szene aus dem Film handelt und nicht um ein reales Zitat. Hier kommt unser Drang nach Konformität ins Spiel: Wir schließen uns einfach gerne Mehrheitsmeinungen an (Im Übrigen sogar, wenn diese offensichtlich falsch ist).

Was sind die Auslöser für kollektive falsche Erinnerungen?

Es gibt unterschiedliche Ursachen für kollektive falsche Erinnerungen. Diese können durch Suggestion entstanden sein, durch Imagination oder auch, wenn Informationen nicht richtig verarbeitet werden. Oft ist es so, dass sich bestimmte Ereignisse nur schwer in unserem Gedächtnis verankern lassen und daher leicht falsch wiedergegeben werden. Auch Medien haben einen großen Einfluss auf unsere Erinnerungen und können diese beeinflussen, vor allem, wenn sie die Wahrheit verdrehen.

Wie in so vielen Fällen enttäuscht das Internet nicht, was das Erspinnen besonders abstruser Erklärungsversuche für den Mandela-Effekt angeht. Hinter der falschen Erinnerung stecke demnach ein perfider Plan der Elite, die unsere Gehirne manipuliert, behaupten manche. Stichwort Chemtrails. Oder Aliens entführen geplant ganze Menschenmassen und pflanzen ihnen dieselbe falsche Erinnerung ein. Hat jemand Beweise, dass es NICHT so ist? Also muss es ja wahr sein… So funktionieren Verschwörungserzählungen.

Das Paralleluniversum im Kopf

Wenn auf einmal unerklärliche Ereignisse in unserer Welt passieren, könnte es sein, dass wir uns gerade in einem Paralleluniversum befinden. Diese Theorie besagt nämlich, dass es unendlich viele Universen gibt, die alle nebeneinander existieren. Und manchmal kreuzen sich diese Universen. Stephen Hawking hielt diese Theorie für möglich und tatsächlich gibt es Beispiele, die dies bestätigen. Zum Beispiel wenn jemand sich an die Beerdigung von Nelson Mandela erinnert, obwohl er in unserem Universum noch lebt. Diese Person hält sich zurzeit aber in einem Universum auf, in dem Mandela tatsächlich schon beerdigt wurde.

Erinnern versuch Konstruieren

Kognitionspsychologen beschäftigen sich schon lange mit unserem Erinnerungsvermögen. Dabei ist es eigentlich gar nicht so, dass wir uns an alles falsch erinnern können. Tatsächlich ist unser Gedächtnis sehr gut! Eine Studie der Fachzeitschrift Psychological Science hat 2020 herausgefunden, dass Erwachsene 95% aller Details richtig erinnern können, wenn ihnen Szenen präsentiert werden, die sie täglich erleben. Allerdings machen 76% der Teilnehmer mindestens einen Fehler bei ihrer Erinnerung. Die Genauigkeit unserer Erinnerung ist also hoch – aber sie sind eben nicht unfehlbar.

Unsere Erinnerungen sind nicht immer zu 100% zuverlässig, das Gehirn kann sie unbewusst verfälschen. Oft geben wir Informationen weiter, die niemals stattgefunden haben. Dies kann durch Suggestion und Manipulation, aber auch durch ein bereits vorhandenes Schema passieren. In beiden Fällen lügt die Person nicht bewusst. Es ist ein Streich des Gehirns und keine willentliche Falschaussage.

Plastizität

Die Frage ist, ob unser Gehirn eher wie ein riesiger Speicher oder mehr wie ein flexibles Netzwerk funktioniert. Die meisten Neurowissenschaftler stimmen darin überein, dass Letzteres der Fall ist. Aufgrund der sogenannten "Plastizität" des Gehirns bedeutet dies, dass sich unsere Erinnerungen ständig ändern und anpassen, je nachdem, welche neuen Informationen wir aufnehmen. Dies erklärt auch, warum wir uns manchmal an Dinge erinnern, die wir gar nicht selbst erlebt haben - vielleicht weil wir sie in einem Buch gelesen oder von Freunden gehört haben. Kurz gesagt: Unser Gehirn ist ziemlich verrückt!

Mehrere Menschen, die sich an eine Begebenheit erinnern, werden durch diese zu einem Kollektiv zusammengeschweißt. So entstehen Erinnerungsgemeinschaften, wenn sich beispielsweise Menschen über ihre Kriegserfahrungen austauschen. Dabei formt sich oft aus anfangs unterschiedlichen, individuellen Erzählungen nach und nach eine gemeinsame, identische Erinnerung aller. Die „historische Wahrheit“ deckt sich in diesem Fall nicht mehr mit der „narrativen Wahrheit“. Bei einem Trauma oder anderen emotional belastenden Begebenheiten sind unsere Erinnerungen hier besonders unzuverlässig.

Auch Profis passieren solche Fehler

Als der Historiker Helmut Schnatz vor älteren Dresdnern einen Vortrag hielt über die Bombenangriffe auf ihre Stadt im Februar 1945 wurde schnell ersichtlich, dass Schnatz mit seiner These nicht auf Zustimmung stoßen wird. Augenzeugen berichteten von britischen Tieffliegern, die sie durch die Straßen gejagt hätten, als sie durch die Stadt rannten auf der Suche nach Schutz vor den Flammen.

Doch der Historiker konnte beweisen, dass Physik und Technik dieser Darstellung entgegenstehen. Durch den Feuersturm wäre ein Tiefflug völlig unmöglich gewesen. Außerdem konnte er britische Dokumente einsehen und keinen Hinweis finden, Flugzeuge hätten Flüchtende durch die brennende Stadt gejagt.

Das sorgte für Unmut im Dresdner Publikum, welches laut wurde. Einer der alten Männer rief: „Ich protestiere dagegen, dass fremde Historiker, die gar nicht in Dresden zu Hause sind, über unsere Heimatstadt schreiben dürfen. Das ist einfach eine Gemeinheit, die Sie da zu Papier gebracht hätten.“ Eine Frau war empört und meinte: „Sie erzählen einfach nur Märchen.“

Verhängnisvolle Fehler durch falsche Erinnerungen

Die Unwissenheit der Menschen kann zu ernsthaften Konsequenzen führen - so auch in dem Fall des Psychologen Donald Thompson. Dieser wurde brutal vergewaltigt und das Opfer gab an, ihn als Täter identifiziert zu haben. Allerdings hatten sie dabei ein wasserfestes Alibi, da er zum Tatzeitpunkt ein TV-Interview gegeben hatte. Durch dieses Interview wurde das Opfer irrtümlich auf ihn aufmerksam und verknüpfte sein Gesicht mit dem Vergewaltiger. In Wahrheit hat sie also nur das Gesicht des Täters richtig erkannt, aber die Person falsch zugeordnet.

Aber auch bewusste Manipulation ist möglich

Falsche Erinnerungen können manipuliert werden, so zeigte es die Psychologin Julia Shaw, als sie im Jahr 2016 Studenten einredete, sie wären als Kinder kriminell geworden. Knapp zwei Drittel der Probanden glaubten dies fest und waren überzeugt, eine kriminelle Tat begangen zu haben.

In einer anderen Studie unter Wade hatte man jedoch nur bei einem Bruchteil der Personen den gleichen Erfolg. Die Erinnerungen der Befragten wurden also nicht durch eine tief verankerte Wahrheit, sondern durch eine starke Suggestion manipuliert. Diese Studien zeigen, wie verletzlich unsere Erinnerungen sind und wie leicht sie manipuliert werden können. Es ist also möglich, dass die Erinnerungen von Therapiepatienten durch Suggestionen der Therapeuten manipuliert werden.

Fazit - False Memory

False Memory ist ein Phänomen, bei dem uns unser Gehirn Streiche spielt und uns Dinge vorgaukelt, die so nie passiert sind. Viele Menschen leiden unter diesem Phänomen und können oft nicht mehr zwischen Erinnerung und Fiktion unterscheiden. Dies kann zu großen Problemen führen, da die Betroffenen oft glauben, dass ihre Erinnerungen absolut real sind. Es ist wichtig, dass wir lernen, mit False Memory umzugehen und damit umzugehen wissen. Wenn wir verstehen, wie es entsteht und warum unser Gehirn uns manchmal solche Streiche spielt, können wir vielleicht irgendwann lernen, es zu verhindern.

 

Im Grunde ist es unser Gehirn, das uns Streiche spielt. Die sogenannte False Memory ist ein Phänomen, bei dem wir uns an Dinge erinnern, die so nie passiert sind. Obwohl es völlig illusorisch ist, kann es uns dennoch real erscheinen. Wie genau das funktioniert, ist bis heute noch nicht ganz klar. Experten vermuten jedoch, dass es mit unserer Fähigkeit zu assoziieren zusammenhängt. Wir neigen dazu, Informationen miteinander zu verknüpfen und so unsere Erinnerungen zu formen. In manchen Fällen kann diese Fähigkeit jedoch auch negativ ausgehen und uns in die Irre führen. Wenn uns also unser Gehirn einen Streich spielt, ist das kein Grund zur Sorge. Es ist völlig normal und kommt häufiger vor, als wir denken. Wenn wir uns aber sicher sein wollen, dass wir uns an etwas erinnern, sollten wir immer eine zweite Quelle zurate ziehen. Denn nur so können wir sicher sein, dass unsere Erinnerungen auch tatsächlich der Realität entsprechen.

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