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Deutsche Presse ist sich einig - Je suis Netzpolitik.org

Empfehlung Deutsche Presse ist sich einig - Je suis Netzpolitik.org

Den ganzen Tag schon hagelt es Kommentare zu der heuchlerischen Aktion von Verfassungsschutz und Innenministerium. Von Nord nach Süd und von West nach Ost kommentiert ein ums andere Blatt dieses Vorgehen und das damit verbundene eigentliche Ziel. Zeit für eine Zusammenfassung

Hier finden Sie einige Pressemitteilungen der verschiedenen Tageszeitungen - zum Teil von heute ud zum Teil von morgen. Schauen Sie doch einfach selber, was die Kollegen schreiben. 

Südwest Presse: KOMMENTAR · NETZPOLITIK Ausgabe vom 01.08.2015

Ulm (ots) - KOMMENTAR · NETZPOLITIK

Ausgabe vom 01.08.2015 Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung." Die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org sind eine gute Gelegenheit, sich dieses juristische Bonmot erneut zu Gemüte zu führen - und zwar für alle Akteure. Den Bloggern sei gesagt: Wer, und sei es in bester aufklärerischer Absicht, vertrauliches Material ins Netz stellt, darf sich über eine Reaktion des Staates nicht wundern. Doch umgekehrt stellt sich die Frage: Warum muss diese Reaktion gleich die ganz große Keule "Landesverrat" sein? Landesverrat erfordert schwere Nachteile für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik. In erster Linie geht es also um militärische Geheimnisse. Dass dazu - wie im Fall Netzpolitik - Informationen über die Überwachung des Internet zählen, drängt sich zumindest auf den ersten Blick nicht auf. So steht der Verdacht im Raum: Wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Langwierige Vorprüfungen, die offiziell keine Ermittlungen sind und zuletzt auch nicht in solche münden, wenn es um Spähaktivitäten einer befreundeten Macht wie den USA geht, und hartes Vorpreschen im Fall zweier Blogger, deren Website zur Speerspitze der Kritiker der Vorratsdatenspeicherung gehört? Mag das Verfahren am Ende eingestellt werden, die Einschüchterung bleibt: Der Zug rollt in Richtung Überwachungsstaat. In voller Fahrt sollte sich keiner zu weit aus dem Fenster lehnen. Für Netzpolitik.org ist das der Ritterschlag, für die Demokratie dagegen kein gutes Signal.

 

Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu Ermittlung gegen Journalisten

Stuttgart (ots) - Hans-Georg Maaßens Botschaft hinter der Strafanzeige lautet: Ich will Journalisten - vor allem aber deren Informanten - an den Kragen, sollten sie Geheimes der Geheimen ans Licht bringen. Eine Botschaft auch - vielleicht sogar gerade - für die Journalisten, die seit Monaten, seit Jahren Pannen, Skandale und Defizite bei den deutschen Nachrichtendiensten im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) offenlegen: von geschredderten Akten in Maaßens eigenem Haus über an Neonazis durchgestochene Warnungen zu bevorstehenden Razzien bis hin zur Irreführung ermittelnder Polizeibeamter. Dazu haben Reporter aus vertraulichen und geheimen Akten zitiert. Und sie weisen bis heute nach, dass Politiker, Richter und Öffentlichkeit von Verfassungsschützern an der Nase herumgeführt, mit Halbwahrheiten abgespeist und angelogen werden.

 

Rheinische Post: Kommentar: Ein Abgrund an Demokratieverrat

Düsseldorf (ots) - Die Erinnerungen an die "Spiegel"-Affäre 1962 kamen schnell auf. So wie nun ein kritischer Artikel eines Internetportals über die Geheimdienste den Generalbundesanwalt auf den Plan rief, führte vor 53 Jahren ein kritischer Bericht über die Sicherheitspolitik zur Durchsuchung der "Spiegel"-Büros und zur Inhaftierung des Chefredakteurs Augstein. Kanzler Adenauer sprach im Bundestag von einem "Abgrund an Landesverrat". Doch die junge Demokratie bestand den Test. Die Pressefreiheit ist seither im öffentlichen Bewusstsein ein Demokratiepfeiler. Umso erstaunlicher nun die Ermittlungen wegen angeblichen Landesverrats gegen ein Internetportal, das als vertraulich eingestuftes Geheimdienstmaterial veröffentlicht hat. Wenn Journalisten nicht über die Arbeit von Geheimdiensten berichten dürfen und eine Freiheitsstrafe fürchten müssen, ist die Demokratie in Gefahr. Wie schnell würden Behörden künftig unliebsame Themen als geheim einstufen? Anstatt Journalisten mundtot machen zu wollen, sollte die Bundesanwaltschaft lieber die Hintergründe des NSA-Skandals aufarbeiten und den Deutschen Klarheit verschaffen, von wem und mit wessen Duldung sie abgehört werden. Juristen fordern die Abschaffung des Tatbestands "publizistischer Landesverrat". Es wäre ein guter Zeitpunkt.

 

Allg. Zeitung Mainz: Höchststrafe - Kommentar von Lars Hennemann zu Netzpolitik.org

Mainz (ots) - Es mehren sich die Nachrichten, die nur mit Galgenhumor zu verarbeiten sind. Das Satire-Portal "Postillon" fasst die Geschehnisse um den Blog "Netzpolitik.org" so zusammen: Mit dem Verlust des Glaubens an die Gerechtigkeit drohe in dieser Affäre die Höchststrafe - uns allen, insbesondere aber dem Generalbundesanwalt, der die Blogger wegen angeblichen Landesverrats ins Visier genommen hat. Natürlich muss der Staat an bestimmten Stellen ein Interesse an Geheimhaltung haben. Dieses steht trotz der Veröffentlichungen von "Netzpolitik" auch in keiner Weise zur Debatte. Was aber sehr wohl zur Debatte steht, ist das Verhältnis der Staatsorgane zu Grundrechten wie Meinungsfreiheit und informationeller Selbstbestimmung. Die NSA durfte in Deutschland und Europa massenhaften und massivsten Rechtsbruch begehen, und unser eigener Geheimdienst ging ihr dabei mit dem Totschlagsargument der Terrorabwehr willfährig zur Hand. Das war für Generalbundesanwalt Range kein Anlass, tätig zu werden. Dienstlich mag man sich das mit Weisungsgebundenheit gegenüber dem Justizministerium erklären. Persönlich hat Range hoffentlich einen Weg gefunden, das vor sich zu rechtfertigen. Warum dann aber gegen eine kleine Blog-Redaktion derart schweres Geschütz aufgefahren wird, ist ein absolutes Rätsel. Die Ermittlungen bleiben ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit, auch wenn sie nach dem Proteststurm vorerst ruhen. Range und die Teile der Bundesregierung, die ihn im Zweifel haben gewähren lassen, verantworten Abgründe an Demokratieverrat. Die Höchststrafe dafür gibt es nicht vom "Postillon", sondern an der Wahlurne.

 

WAZ: So macht der Staat sich lächerlich. Kommentar von Lutz Heuken zum Landesverrat

Essen (ots) - Landesverrat - das klingt altmodisch: nach Vaterlandsverräter, Hochverrat und schwerem Kerker. Gibt's für besonders schlimme Fälle eigentlich noch die Todesstrafe? Spaß beiseite, denn eigentlich sind die Landesverrats-Ermittlungen des Generalbundesanwaltes gegen Journalisten gar nicht lustig. Wohl aber sind sie in höchstem Maße lächerlich. Eine Behörde, die sich nicht in der Lage sieht, Ermittlungen durchzuziehen, wenn Geheimdienste die Handys von Millionen Deutschen abhören (nebst dem der Kanzlerin), droht nun mit der juristischen Keule. Offensichtliches Ziel der Aktion: Kritische Journalisten sollen eingeschüchtert, am besten mundtot gemacht werden. Schon am Tag eins nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen steht fest: Dieser Versuch der Kriminalisierung ist dramatisch schiefgegangen. Hatte sich bislang kaum jemand für die inkriminierten Veröffentlichungen interessiert, so explodierte gestern geradezu das Interesse im Netz. Tausende wollten lesen, was denn nun so gefährlich sei an den Dokumenten. Schadenfreude ist hier durchaus angebracht. Man muss diesen Fall inhaltlich sicherlich nicht zu hoch hängen. Die Brisanz ist weit entfernt von der der "Spiegel-Affäre" aus den 1960er-Jahren. Und doch: Wenn es gegen die Pressefreiheit geht, reagieren große Teile der Gesellschaft erfreulicherweise sensibel, aber auch deutlich. Zu Recht ist der Protestschrei laut. Man muss sich ja nicht gleich einen Sticker anheften: "Je suis Netzpolitik.org".

 

Quelle: presseportal.de Foto by flickr / netzpolitik.org

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