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Angela Merkel positioniert sich

Heiko Maas droht Ungemach und Generalbundesanwalt Harald Range könnte der vorzeitige Ruhestand winken. Eine Affäre zieht ihre Bahnen

 

Düsseldorf (ots) - Die Affäre um den angeblichen Landesverrat dürfte für drei der Akteure unangenehme Folgen haben. Generalbundesanwalt Harald Range wird den Weg in den Ruhestand wohl vor der vereinbarten Zeit antreten - die öffentliche Parteinahme von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) für ihren Justizminister Heiko Maas (SPD) und die gleichzeitige Distanzierung von Range sind da eindeutig. Auch für den Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, dürfte die Luft dünner werden. Er hat die "Netzpolitik"-Veröffentlichungen wider besseres Wissen zum Geheimnis erklärt. Dass es Maaßen um die Arbeitsfähigkeit seiner Behörde ging, mag Gutgläubigen als hehre Absicht durchgehen. Mit der Suche nach einer undichten Stelle in seinem Haus wäre er sicherlich besser gefahren. Stattdessen feuert er eine Breitseite auf die Pressefreiheit. Mit dem Ergebnis, dass die "Netzpolitik"-Blogger bisher 50 000 Euro an Spenden erhalten haben und auf der anderen Seiten die Rufe nach einer überfälligen Reform des Verfassungsschutzes lauter werden. Maaßen hat sich und dem Amt einen Bärendienst erwiesen. Für Mitleid gibt es freilich wenig Anlass. Justizminister Heiko Maas (SPD) könnte der bestellte Einschüchterungsversuch auch noch auf die Füße fallen. Nicht weil die Grünen jetzt das Parlamentarische Kontrollgremium einschalten wollen, um die "Pressefreiheitsattacke von Verfassungsschutz und ministeriellen Mitwissern aufzuklären". Das ist kaum mehr als Christian Ströbeles Klappern, das zum politischen Handwerk gehört. Ungemach droht Maas eher durch die auffällige Unterstützung Merkels. Die Kanzlerin braucht den SPD-Mann, um nach der Sommerpause das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung durch den Bundestag zu bekommen. Ein Minister, der durch die "Netzpolitik"-Affäre ins Gerede kommt, passt da nicht. Maas, einst Gegner der anlasslosen Massenspeicherung von Telekommunikationsdaten, hat eine Rolle rückwärts hingelegt und auch seine Partei auf Linie gebracht. Der jüngste Eiertanz in Sachen Landesverrat könnte manchen Sozialdemokraten zum Grübeln bringen. Gesetze, um die Freiheit zu gängeln, braucht niemand. Das war der SPD früher mal bekannt.

 

Quelle: presseportal/Westdeutsche Zeitung - Foto: flickr / blu-news.org

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Das politische Bauernopfer

Verfassungsrechtler wirft Justizminister Maas Populismus vor

Düsseldorf (ots) - Der Bochumer Verfassungsrechtler Julian Krüper hat den Umgang mit Generalbundesanwalt Harald Range scharf kritisiert. "Kanzlerin, Minister und Rechtspolitiker aller Couleur stimmten in das ,Steiniget ihn' ein", schreibt Krüper, der Jura-Professor an der Ruhr-Universität ist, in einem Gastbeitrag für die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post (Mittwochausgabe). Das "eigentlich Beunruhigende" an der Debatte um die Ermittlungen gegen das Blog Netzpolitik.org und an Ranges Entlassung sei, "dass der Legitimität und Rationalität staatlicher Verfahren aus schierem Populismus selbst von denen abgeschworen wurde, die es besser wissen sollten". Krüper kritisiert insbesondere Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): Maas habe ein eigenes Gutachten in Aussicht gestellt, "dessen Ergebnis schon feststand". Ranges Krisenkommunikation sei "sicher nicht optimal" gewesen; er habe aber mit der Aufnahme von Ermittlungen nach der Strafanzeige durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nur seine gesetzliche Aufgabe erfüllt. "Dass eine solche Strafanzeige als zu dünn, zu heiß oder zu ,unverhältnismäßig' vom Tisch gewischt würde, wie mancher es sich offenbar wünschte, war kaum denkbar", schreibt Krüper: "Eine so nonchalante Generalbundesanwaltschaft kann sich auch niemand erhoffen, schon gar nicht Freunde des Rechtsstaats. Denn dafür sind Ermittlungen da: herauszufinden, ob ein Vorwurf berechtigt ist."

Quelle: presseportal.de / Rheinische Post - Foto: flickr / SPD Saar

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Range wird gegangen

Leitartikel von Reinhard Zweigler zum Range-Rauswurf

Regensburg (ots) - Es lag wohl nicht an der brütenden Hitze, dass die Matadore der Affäre um die Veröffentlichungen des Internet-Blogs Netzpolitik.org gestern so hitzig zuschlugen. Erst bettelte der oberste deutsche Ermittler Harald Range mit einer unverschämten Unterstellung gegen seinen Dienstherren Bundesjustizminister Heiko Maas förmlich um seinen Rauswurf. Dann schickte der SPD-Mann Range nur wenige Stunden später in den Ruhestand und rief ihm gleich noch nach, er habe nicht die Wahrheit gesagt. Man könnte über diese Chaostage im Sommerloch rasch hinweggehen, wenn es sich bei den Akteuren nicht um den Bundesjustizminister und den nun Ex-Generalbundesanwalt handeln würde. Beide, Maas und Range, haben dem Ansehen der Justiz hierzulande Schaden zugefügt. Dabei ist der ungeschickte Range doch nur das Bauernopfer, selbst wenn er das mit seinen provokanten Äußerungen Richtung Berlin selbst bezweckt haben mag. An der Entstehungsgeschichte dieser aktuellen Internet-Affäre sind auch andere maßgeblich beteiligt. Allen voran der Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Der eifrige Mann aus der Ministerialbürokratie hatte die Inlands-Geheimdienst-Behörde auf dem Höhepunkt der NSU-Krise übernommen. Kompetenzwirrwarr und Schlampigkeit bei Verfassungsschutz (VS) und Bundeskriminalamt hatten dazu geführt, dass die bundesweiten Morde des rechtsextremen Trios aus Thüringen jahrelang nicht aufklärt werden konnten. Das Kölner Bundesamt war offenbar auf dem rechte Auge äußerst sehschwach. Maaßen versprach, das zu ändern. Und die Bundesregierung schob ihm mit einem Reformgesetz weitreichende Kompetenzen zu. Dieser Art von der Regierung zum Tätigsein in alle Richtungen ermuntert, planten die Verfassungsschützer nun, auch das Internet noch stärker ins Visier zu nehmen. Denn im weltweiten Netz tummeln sich viele Verfassungsfeinde ziemlich ungeniert. Allerdings bekamen Blogger von den neuen Überwachungsplänen des Kölner VS-Bundesamtes Wind. Sie veröffentlichten flugs, was ihnen aus dem Dienst selbst oder anderen Quellen "durchgestochen" worden war. So weit, so transparent. Mit ihren Veröffentlichungen, von denen die weite Öffentlichkeit allerdings kaum Notiz nahm, rührten die Blogger jedoch an dem Selbstverständnis des Verfassungsschutzes. Nicht die Tatsache allein, dass interne Papiere ins Netz gestellt wurden, sondern vor allem, dass es innerhalb des Dienstes selbst und/oder im zuständigen Innenministerium sowie im parlamentarischen Raum "undichte Stellen" geben müsse, brachten Maaßen und Co. auf die Palme. Sie witterten "Landesverrat". Einem Vergleich zur Spiegel-Affäre von Anfang der 60er Jahre hält die aktuelle Auseinandersetzung nicht stand. Damals im Kalten Krieg ging es um größere Beträge. Franz-Josef Strauß scheute seinerzeit nicht davor zurück, die Justiz gegen das unliebsame Nachrichtenmagazin von Rudolf Augstein einzusetzen, weil der interne Bundeswehrpapiere abdruckte. Auf Dauer geschadet hat diese Affäre weder Strauß und erst Recht nicht dem Spiegel, der zum "Sturmgeschütz der Demokratie" erhoben wurde. Ausgestanden ist die Blogger-Affäre mit dem Rauswurf von Range allerdings noch nicht. Doch den großen historischen Atem haben weder die Affäre noch die Akteure wie Heiko Maas, Ex-Generalbundesanwalt Harald Range oder VS-Präsident Maaßen und sein Dienstherr Thomas de Maizière. Dass die Meinungs- und Pressefreiheit auch im Internet zu gelten hat, ist jedoch ein Auftrag an die Politik sowie an die unabhängige Justiz. Und zugleich liegt dies in der Verantwortung der Millionen Nutzer selbst.

Quelle: presseportal.de / Mittelbayerische Zeitung - Foto: flickr / Markus Winkler

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SPD attackiert Generalbundesanwalt

Der Tagesspiegel: SPD attackiert Generalbundesanwalt

Berlin (ots) - Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel hat Generalbundesanwalt Harald Range Unverhältnismäßigkeit vorgeworfen. "Ich bin irritiert über den Generalbundesanwalt. Einerseits sieht er keinen Anlass, gegen das massenhafte Ausspähen deutscher Stellen durch den US-Geheimdienst NSA zu ermitteln. Andererseits nimmt er jetzt Journalisten ins Visier", sagte Schäfer-Gümbel dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagausgabe).

Quelle: presseportal.de

 

Meinung der Redaktion:

Nachdem die Ermittlungen gegen die Online Plattform wegen Landesverrat erst einmal angelaufen sind und die Behörden dafür in der gesamten Presse dafür stark attakiert werden, will Generalbundesanwalt Range nun erst einmal mit den Ermittlungen abwarten (faz.net). Es bleibt aber festzuhalten, dass die Regierung über die Ermittlungen Bescheid wusste und das macht die Sache wirklich spannend. Denn laut Range wäre nun zunächst einmal in einem Ermittlungsverfahren zu klären, ob sich die Journalisten der Online Plattform wirklich um das Bekanntmachen eines Staatsgeheimnisses handelt. Range erklärte weiter, dass die Ermittlungen bis zum Eingang des Gutachtens ausgesetzt würden. 

Das allerdings ist für Markus Beckedahl (Betreiber der Website Netzpolitik.org) keineswegs ein Grund zur Beruhigung. Er sagte im Tagesspiegel "Das ist leider gar kein Grund zur Entwarnung. Es irritiert eher, dass erst die Ermittlung gestartet und die Öffentlichkeit informiert wird, um dann ein Gutachten einzuholen". Das bestärke eher die Vermutung, dass es sich um einen Einschüchterungsversuch handele. Laut heute.de wusste das Bundesinnenministerium über die Anzeige des Verfassungschutzpräsidenten Bescheid. Und darin genau liegt die Brisans, denn nachdem Maaßen den Abteilugsleiter und die Staatssekretärin im Ministerium informiert habe, hielt diese angeblich eine Meldung an ihren Minister, Thomas de Maizière (CDU), zurück. Der jedenfalls habe keine Kenntnis davon gehabt, sagte ein Sprecher. 

Der ehemaligen Datenschutzbeauftragten Peter Schaar jedenfalls zieht den Schluss, dass es nun für de Maizière eng werden könnte und diese Affäre ihn seinen Posten kosten könnte. "Ich gehe davon aus, dass sich Herr Maaßen im Ministerium grünes Licht geholt hat", sagte er heute.de. Auch für Thomas de Maizière könne es jetzt eng werden, so Schaar: "Das hat das Potential, das einen Minister das Amt kosten könnte."

Dabei ging es vermutlich dem Verfassungsschutz von Anfang an nur darum, die Quellen im eigenen Haus zu finden, die die Haushaltspläne des Verfassungsschutzes an netzpolitik.org geschickt hatten. Das jedoch kommentierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) so, als würde man das Grundrecht der Pressefreiheit damit ad absurdum führen. 

Auf netzpolitik.org schreibt Meister: "Wir haben Post vom Generalbundesanwalt erhalten. Darin bestätigt er die Ermittlungen gegen Markus, mich und Unbekannt „wegen Verdachts des Landesverrats“ nach § 94 Strafgesetzbuch:

Wir sind keine Zeugen, sondern sollen als Mittäter ebenso haftbar gemacht werden wie unsere unbekannte(n) Quelle(n). Wir sehen das als einen Angriff auf die Pressefreiheit! Es ist lange her, dass in Deutschland so gegen Journalisten und ihre Quellen vorgegangen wurde."

Bereits gestern sagte der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung im MDR Radio, dass es zwar ein berechtiges Interesse eines Staates an Geheimhaltung gäbe, dass jedoch „wenn Journalisten Täter werden, wenn sie befürchten müssen, sich durch die Veröffentlichung von bestimmten Informationen strafbar zu machen, dann ist das Risiko für Journalismus ungeheuer hoch“.

Dabei gilt Netzpolitik.org als einer der bekanntesten deutschen Blogs und wurde sogar 2014 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet, weil sich die Blogger für digitale Bürgerrechte einsetzten. Doch was zählt schon die Wahrheit, wenn sie politisch nicht gewollt ist. Und so spielen die politisch Mächtigen wieder mal ein Katz und Maus Spiel und versuchen, den 'schwarzen Peter' nicht dem zuzuspielen, der ihn vielleicht am ehesten verdient hätte. Vielmehr sieht es danach aus, als würde versucht, diese Affäre mit einem Bauernopfer zu beenden. 

Es lebe die Demokratie!

 

Foto flickr / re:publica 

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