Log in

Wie Frankreich Demokratie macht

Regionalwahl in Frankreich: Die Notbremse gezogen - Tagesspiegel von Axel Veiel

Freiburg (ots) - Es ist noch mal gut gegangen. Der rechtspopulistische Front National wird in keiner der 13 französischen Regionen die Regierung stellen. Allein gegen den Rest der Republik konnten sich die Rechtspopulistinnen in der zweiten Runde nicht behaupten. Gut gegangen ist es insofern, als der Front National zur Lösung der Probleme in Frankreich nichts beizutragen hat, im Gegenteil. Nicht gut gegangen ist es freilich insofern, als sich sechs Millionen FN-Wähler fragen werden, wieso Frankreichs eben noch stärkste Kraft von der Macht komplett ausgeschlossen bleibt. Für die Rechtspopulisten, die sich als Opfer verkommener politischer Eliten ausgeben, ist das beste Wahlkampfmunition. Man kann nur hoffen, dass die Volksparteien im Kampf gegen rechts bis zu nächsten Wahl 2017 Überzeugenderes zu bieten haben als aus der Not geborene Wahlabsprachen.

Rheinische Post: Der FN bleibt gefährlich

 

 

 

Düsseldorf (ots) - von Matthias Beermann

Der große Triumph ist dem Front National (FN) in der zweiten Runde der französischen Regionalwahlen verwehrt geblieben. Das ist vielleicht Anlass für Erleichterung. Anlass für Entwarnung ist es keinesfalls. Mag das französische Mehrheitswahlrecht dem FN auch den Durchmarsch an die Schalthebel der Macht verwehren, so hat die rechtsextreme Formation es doch endgültig geschafft, das bisherige Zweiparteien-System zu sprengen. Es wäre gut, Sozialisten und Konservative würden darauf endlich entschlossen reagieren. Allerdings nicht wie bisher mit moralischer Empörung, sondern mit besserer Politik. Einen Bürgerkrieg für den Fall eines FN-Siegs an die Wand zu malen, wie es der sozialistische Premier Manuel Valls vor der Wahl getan hat, ist lächerlich. Und den FN rechts zu überholen, wie es der Konservative Nicolas Sarkozy versucht, stützt nur die Thesen der Populisten. Der wichtigste Grund für den Zulauf des FN ist der Verdruss der Franzosen über eine Kaste ewiggleicher Politiker, die das Land an die Wand gefahren hat. Es ist ihr Versagen, dass den FN gedeihen lässt.

Quelle presseportal  Foto by flickr/Rémi Noyon

  • Publiziert in Politik

Zu den Wahlen in Frankreich

Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Wahlen in Frankreich

Bielefeld (ots) - »Stärker als jede Armee ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist«. Ist nach diesem Diktum von Viktor Hugo die Zeit für den Front National, mithin für mehr Nationalismus in Frankreich gekommen? Die Zeichen sprechen dafür. Aber es gibt bei genauerer Betrachtung viele Fragezeichen.

Gewiss, die Zeit ist reif, Konzepte wie den Euro oder Schengen einer Prüfung und Korrektur zu unterziehen, bevor der Wirklichkeitstest sie vollends zur Makulatur macht. Aber kann das der Front National leisten oder wird er das europäische Kind nicht mit dem Bade ausschütten?

Sicher, die Zeit ist reif, auch den Islam allgemein und in Europa im besonderen auf seine Zeitgemäßheit hin zu befragen, so wie manche aufgeklärte Geister das mittlerweile auch tun, erst recht nach dem 13. November. Aber ist der Front National zu einer Disputatio mit Argumenten und ohne Zornesröte dazu fähig?

Und klar, das politisch-mediale Establishment steckt in Frankreich in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise. Zu schnell werden Andersdenkende verächtlich abgetan und ins Abseits gestellt mit dem Habitus des sich besser dünkenden Menschen, der immer besser weiß, was gut ist für die Allgemeinheit. Diese Überheblichkeit, die man in allen Parteien, vor allem aber im linken und grünen Lager gehäuft vorfindet, macht wütend und treibt die Geächteten zu Parteien außerhalb des Establishments. Das ist in Frankreich mit seinem fast feudalistischen Klassendenken seit Jahrzehnten zu beobachten und in Deutschland übrigens seit einiger Zeit auch. Aber sind Populisten vom Schlag einer Marine Le Pen in der Lage, enttäuschte Wähler zu halten, also dauerhaft zufrieden zu stellen?

All diese Fragen führen zu einer einzigen: Wie sieht das Programm des Front National aus? Wer auch hier genauer hinschaut, wird feststellen, dass es ziemlich vage gehalten ist und vor allem gegen die etablierte politische Klasse und ihre Selbstbedienungsmentalität wettert. Das aber ist das klassische französische Phänomen des Poujadismus, jener Protestbewegung, die auf einen Buchhändler in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurückgeht und die durch den Protest gegen Steuergesetze zu einer gewissen zeitweiligen Blüte gelangte. Sie währte ein paar Sommer lang. Jugendchef dieser Bewegung war übrigens Jean-Marie Le Pen, der Vater der Vorsitzenden und Gründer des Front National.

Mit anderen Worten: Der politische Reifetest für den Front National steht noch bevor. Er könnte ihn bestehen, wenn er das politische Programm, vor allem den Wirtschaftsteil, änderte. Hier sind ihm die bürgerlichen Parteien noch ein gutes Stück voraus. Aber die allgemeinen Zukunftsfragen zu Europa und dem Islam sind ernst zu nehmen. Ihrer werden sich die bürgerlichen Parteien auch annehmen. Deshalb, solange das Programm des Front National so bleibt wie es ist, war am Sonntag ein Tag der Abrechnung gekommen, die Zeit für eine neue Idee noch nicht.

Quelle presseportal  Foto by flickr/Rémi Noyon

Diesen RSS-Feed abonnieren

Dortmund

Banner 468 x 60 px