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Jahresbilanz der Pressefreiheit 2015:

Weltweit 110 Journalisten getötet - besonders viele in Irak, Syrien, Frankreich und Jemen

Berlin (ots) - Im zu Ende gehenden Jahr sind weltweit 110 Journalisten getötet worden. Mindestens 67 von ihnen starben nach Recherchen von Reporter ohne Grenzen wegen ihrer Arbeit - einer mehr als im Jahr 2014. Das geht aus dem heute veröffentlichten zweiten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor. Weltweit wurden 2015 auch 27 Bürgerjournalisten und sieben Medienmitarbeiter getötet.

Besonders viele Journalisten starben im Irak, in Syrien, in Frankreich und im Jemen in Ausübung ihrer Tätigkeit. Obwohl dies überwiegend Kriegsländer sind, ist eher der Anschlag auf die Zeitschrift Charlie Hebdo charakteristisch für die globale Entwicklung: Fast zwei Drittel der weltweit getöteten Journalisten starben in diesem Jahr außerhalb kriegerischer Konflikte. In 43 Fällen waren die Motive für die Taten bislang nicht zu eindeutig klären.

"In viel zu vielen Ländern riskieren Journalisten ihr Leben, wenn sie über brisante Themen recherchieren oder die Mächtigen kritisieren", sagte ROG-Vorstandssprecherin Britta Hilpert. "Diese Zahlen zeigen, dass bislang alle internationalen Bemühungen ins Leere laufen, gezielte Gewalt gegen Journalisten zurückzudrängen."

DIE GEFÄHRLICHSTEN LÄNDER: IRAK, SYRIEN, FRANKREICH UND JEMEN

Die weltweit gefährlichsten Länder für Journalisten waren 2015 der Irak und Syrien: Dort wurden jeweils mindestens neun Journalisten wegen ihrer Arbeit getötet. In der syrischen Stadt Aleppo etwa stehen Journalisten im fünften Jahr des Bürgerkriegs zwischen allen Fronten. Im irakischen Mossul haben die Dschihadisten des "Islamischen Staats" reihenweise Journalisten entführt, vertrieben oder ermordet, um unabhängige Informationen zu unterdrücken. In Frankreich wurden bei dem Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo acht Journalisten ermordet. Im Jemen starben mindestens sechs Journalisten wegen ihrer Arbeit - dort greifen die Huthi-Rebellen Redaktionen mit schweren Waffen an und entführen politisch unliebsame Journalisten.

Doch auch in anderen Ländern ist Journalismus ein lebensgefährlicher Beruf. In Indien etwa leben Journalisten besonders gefährlich, die über Verbindungen zwischen organisiertem Verbrechen und Politik oder über heikle Umweltthemen recherchieren. In Mexiko hat die Ermordung eines Fotojournalisten in der Hauptstadt gezeigt, dass sich die Gewalt gegen Reporter nicht auf notorisch gefährliche Regionen wie die Bundesstaaten Veracruz und Oaxaca beschränken lässt. In Bangladesch ermordeten mutmaßliche Islamisten innerhalb eines Jahres vier säkulare Blogger.

STRAFLOSIGKEIT ERMUTIGT TÄTER ZU WEITEREN GEWALTTATEN

Dass die Motive für so viele Morde an Journalisten unklar bleiben, liegt oft am Fehlen unabhängiger und umfassender Ermittlungen, an mangelndem politischem Willen oder daran, dass die instabilen Verhältnisse vor Ort keine ordentliche Untersuchung zulassen. Im Wortsinn fatal ist auch die in vielen Ländern verbreitete Straflosigkeit für Verbrechen an Journalisten: Sie trägt dazu bei, dass sich die Täter in Sicherheit wiegen und zu weiterer Gewalt gegen kritische Stimmen ermutigt fühlen können.

Um gefährdete Reporter besser zu schützen, wirbt Reporter ohne Grenzen bei den Vereinten Nationen dafür, einen UN-Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten einzusetzen. Er könnte die UN-Mitgliedsstaaten zur Einhaltung ihrer einschlägigen völkerrechtlichen Pflichten anhalten und als Frühwarnstelle für akute Gefährdungsfälle fungieren.

54 JOURNALISTEN ENTFÜHRT, 153 IN HAFT, ACHT VERSCHWUNDEN

Den ersten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit 2015 (http://t1p.de/utgw) veröffentlichte Reporter ohne Grenzen schon am 15. Dezember. Darin zählte die Organisation 54 derzeit entführte und 153 inhaftierte Journalisten. Acht Journalisten sind im Laufe dieses Jahres verschwunden. Die Entführungen konzentrieren sich auf Syrien, den Jemen, den Irak und Libyen. Die Hälfte aller weltweit inhaftierten Journalisten sitzt in den Gefängnissen Chinas, Ägyptens, Irans und Eritreas.

Quelle presseportal   Foto by flickr/- Lythy -

Jahresbilanz der Pressefreiheit 2015: Weltweit derzeit 54 Journalisten entführt und 153 in Haft

Aktualisierter Sicherheitsleitfaden für Journalisten veröffentlicht

Berlin (ots) - Weltweit sind derzeit 54 Journalisten entführt, ein Drittel mehr als zum gleichen Zeitpunkt Ende 2014. Das geht aus dem heute veröffentlichten ersten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (ROG) hervor. Die Entführungen konzentrieren sich auf die arabischen Bürgerkriegsländer Syrien, Jemen, Irak und Libyen, wo bewaffnete nichtstaatliche Gruppen auf diese Weise ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen und kritische Stimmen zum Schweigen bringen wollen. Acht Journalisten sind im Laufe dieses Jahres verschwunden; über ihr Schicksal liegen keine verlässlichen Informationen vor.

Im Gefängnis sitzen wegen ihrer Arbeit derzeit 153 hauptberufliche Journalisten (Ende 2014: 178), die meisten davon in China, Ägypten, Iran, Eritrea und der Türkei. Betrachtet man die Gesamtzahl der Verhaftungen im Jahresverlauf, sticht die Türkei als das Land mit den meisten Fällen (elf Prozent aller Verhaftungen weltweit) heraus - ein deutlicher Beleg für die Zunahme der staatlichen Repressionen dort.

"Die erschreckend hohe Zahl von Entführungen zeigt, dass bewaffnete Gruppen gerade in den arabischen Krisenstaaten vor nichts zurückschrecken, um Kritik und unabhängige Informationen zu unterdrücken", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. Bezeichnend seien auch die Zahlen der Journalisten, die wegen ihrer Arbeit in Haft sind: "Dass die Hälfte aller weltweit inhaftierten Journalisten in den Gefängnissen Chinas, Ägyptens, des Iran und Eritreas sitzen, spricht Bände über den verheerenden Zustand der Pressefreiheit in diesen Ländern."

Den zweiten Teil der Jahresbilanz der Pressefreiheit mit den Zahlen getöteter Journalisten sowie den gefährlichsten Regionen für Reporter veröffentlicht ROG am 28. Dezember.

Zusammen mit den heutigen Zahlen legt ROG eine neue Auflage des "Sicherheitsleitfadens für Journalisten" vor (http://t1p.de/ai7o). Dieses gemeinsam mit der Unesco herausgegebene Handbuch gibt praktische Hinweise für Reporter, die aus Krisen- und Konfliktregionen berichten. Es enthält zahlreiche Tipps zur Arbeit in Kriegsgebieten, bei Demonstrationen und Unruhen sowie nach Naturkatastrophen und Epidemien. Ebenso gibt es Empfehlungen zum Schutz digitaler Daten und Kommunikationswege bei Recherchen in heiklen Umgebungen. Der Sicherheitsleitfaden liegt auf Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch vor.

DIE WEITAUS MEISTEN ENTFÜHRTEN SIND EINHEIMISCHE JOURNALISTEN

Die größte Zahl (18 Fälle) der aktuellen Entführungen geht auf das Konto der Dschihadistengruppe Islamischer Staat, gefolgt von den Huthi-Rebellen im Jemen (neun Fälle) und der Al-Nusra-Front in Syrien (vier Fälle). 95 Prozent der momentan Entführten sind Journalisten aus den jeweiligen Ländern, nur fünf Prozent sind ausländische Reporter. Im Verlauf des gesamten Jahres 2015 wurden weltweit 79 hauptberufliche Journalisten entführt, 34 Prozent weniger als im Vorjahr. Ein wichtiger Grund für diesen Rückgang ist die veränderte Lage im Osten der Ukraine: Dort wurden 2014 die weltweit meisten Journalisten entführt, 2015 aber kein einziger.

Erstmals dokumentiert die Jahresbilanz der Pressefreiheit auch die Zahl verschwundener Journalisten. Die Ungewissheit über ihr Schicksal hat eine erhebliche abschreckende Wirkung auf andere Journalisten. Die meisten solchen Fälle - fünf von acht weltweit - gab es im Laufe des Jahres 2015 in Libyen.

Die Gruppe der Staaten mit den meisten Journalisten in Haft ist weitgehend unverändert; allerdings steht nach China mittlerweile Ägypten (22 Inhaftierte) an zweiter Stelle. Zusätzlich zu den weltweit 153 hauptberuflichen Journalisten sind derzeit 161 Bürgerjournalisten (Ende 2014: 178) und 14 Medienmitarbeiter inhaftiert.

Quelle presseportal  Foto by flickr/Danipuntocom

Malediven: Angriff auf die Pressefreiheit - ARD-Korrespondent ausgewiesen

Erneute Festnahme des ARD-Studioleiters in Südasien, Dr. Markus Spieker

Leipzig (ots) - Bei Dreharbeiten zum religiösen Extremismus und dem Klimawandel auf den Malediven wurde der ARD-Studioleiter Südasien, Dr. Markus Spieker, mit seinem Team wiederholt von der Polizei festgenommen. Nach einem mehrstündigen Verhör durch Polizei und Einwanderungsbehörde wurden der Korrespondent und seine drei indischen Mitarbeiter vorgestern des Landes verwiesen. Begründet wurde dies mit unzureichenden Drehgenehmigungen.

Dazu der Leiter des ARD-Studios Südasien, Dr. Markus Spieker: "Uns wurde mit Inhaftierung gedroht, wenn wir nicht noch am selben Tagen aus dem Land verschwinden würden. Zum Glück gab es auf einer Maschine nach Sri Lanka noch vier freie Plätze." Spieker bekräftigte: "Die Vorwürfe sind völlig haltlos. Wir waren mit allen nötigen Genehmigungen ausgestattet."

Das ARD-Team war seit Beginn der Dreharbeiten am Montag von den örtlichen Behörden massiv behindert und mehrfach verhört worden. Vor der Ausweisung wurde das Team sechs Stunden lang festgehalten und musste ihr Gepäck unter Aufsicht aus dem Hotel holen. Zudem wurde ein 10-jähriges Einreiseverbot verhängt.

Konsularisch betreut wurde das Team durch die zuständige Deutsche Botschaft in Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas.

Der Mitteldeutsche Rundfunk, der das Studio Südasien als Federführer für die ARD betreibt, kritisierte die Ausweisung. Stefan Raue, der MDR-Chefredakteur sagte:

"Wir verurteilen das Vorgehen der Regierung in Male. Die Korrespondenten werden auch in Zukunft kritisch über die politische Entwicklung in Südasien und auch auf den Malediven berichten. Wir sind froh, dass die Kollegen unversehrt nach Neu Delhi zurückkehren konnten."

Seit 2013 herrscht in dem Inselstaat Präsident Abdullah Yameen, der seinen Amtsvorgänger, Mohammed Nasheed und weitere politische Gegner ins Gefängnis stecken ließ. Die Regierung verhängte im November den Notstand. Gleichzeitig warnen Menschenrechtsorganisationen vor einem wachsenden Einfluss radikaler Islamisten in dem Inselstaat. Experten gehen davon aus, dass etwa 250 IS-Kämpfer in dem etwa 400000 Einwohner zählenden Inselstaat rekrutiert worden sind. Im Europäischen Parlament wird derzeit eine Resolution vorbereitet, in denen die immer gravierenderen Menschenrechtsverstöße auf den Malediven scharf kritisiert werden. Die Malediven sind das offizielle Partnerland der Internationalen Tourismusbörse im kommenden Frühjahr.

Im MDR FERNSEHEN wird um 19.30 Uhr mdrAKTUELL und im Ersten werden die ARD-Tagesthemen um 22.15 Uhr heute über den Vorgang berichten.

 

Quelle presseportal  Foto by ©ARD-Hauptstadtstudio/Steffen Jänicke

Netzpolitik.org im Fokus der Staatsanwaltschaft

Kölner Stadt-Anzeiger: Renate Künast (Grüne) kritisiert Ermittlungen durch Generalbundesanwalt gegen Netzpolitik.org

Köln (ots) - Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsauschusses, Renate Künast (Grüne), hat die Ermittlungen durch Generalbundesanwalt Harald Range gegen die Verantwortlichen der Online-Plattform Netzpolitik.org wegen angeblichen Landesverrats kritisiert. "Mich ärgert das Missverhältnis", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). "Auf eine Anzeige hin prüft er nicht lange. Da geht das zack, zack." Da werde auch nicht die Verhältnismäßigkeit abgewogen. "Auf der anderen Seite hat man ein massenhaftes Ausspähen und Abhören durch die NSA. Und da passiert gar nichts. Das erbost mich und ist rechtsstaatlich eine Blamage." Künast fügte mit Blick auf die NSA-Abhörmaßnahmen hinzu: "Wenn es keinen investigativen Journalismus gäbe, dann wüssten wir gar nichts." Zuvor war bekannt geworden, dass Range zum ersten Mal seit Jahrzehnten Journalisten wieder Landesverrat und die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen vorwirft. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR fiel diese Entscheidung nach Prüfung einer Strafanzeige, die der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, zuvor beim Landeskriminalamt in Berlin gestellt hatte. Diese war dann an die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe weitergeleitet worden.

Kommentar der Redaktion:

Alle werden abgehört - die Kanzlerin, die Minister und Du und ich. Was mittlerweile hingenommene Wirklichkeit geworden ist und dabei gegen alle Rechtsstaatlichkeit verstößt, scheint die deutsche Justiz nicht weiter zu kümmern. Wenn es aber darum geht, investigativen Reportern den Mund zu verbieten, scheinen unsere Staatsorgane völlig anders zu ticken! Denn dann sind sie schnell dabei, wenn es um die Einschüchterung von Journalisten geht. 

Sowohl der Verfassungsschutz, als auch der Generalbundesanwalt Harald Range gehen jetzt gegen zwei Redakteure des Blogs Netzpolitik.org vor und zwar wegen des Verdachts auf Landesverrats. Dabei hat der Verfassungsschutz die Strafanzeige gestellt. Schon zweimal hatte Netzpolitik.org über geheime Pläne des Geheimdienstes berichtet, die Internetüberwachung in Deutschland enorm auszuweiten. Ganz wie der große Bruder aus Amerika es vormacht, benehmen sich die staatlichen Organe wie der große Bruder aus George Orwells 1984 und halten das auch noch für das normalste der Welt. Dass der Geheimdienst jetzt sozusagen per Gericht herausfinden will, wer aus der Behörde die geheimen Pläne weitergegeben hat, um so die undichte Stelle ausfindig zu machen, ist nachvollziehbar. Allerdings hat der Staat nicht die Aufgabe über Umwege die kriminellen Handlungen der Geheimdienste auch noch zu unterstützen, zumal die Meldung von Netzpolitik.org nicht an ausländische Regierungen weiter gegeben worden sind, sondern der deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Also ein Akt der Pressefreiheit, der nicht deutlicher sein könnte und mit Landesverrat wirklich nichts zu tun hat. 

Also ermittelt Harald Range, der gegen US- und andere Geheimdienste nicht vorgeht, nun lieber gegen deutsche Journalisten. Die betroffenen Journalisten haben völlig Recht, wenn sie von Einschüchterungsversuchen und einem Angriff auf die Pressefreiheit sprechen und haben unsere Solidarität mehr als verdient.

 

Quelle: presseportal Foto: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

  • Publiziert in Politik

SPD attackiert Generalbundesanwalt

Der Tagesspiegel: SPD attackiert Generalbundesanwalt

Berlin (ots) - Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel hat Generalbundesanwalt Harald Range Unverhältnismäßigkeit vorgeworfen. "Ich bin irritiert über den Generalbundesanwalt. Einerseits sieht er keinen Anlass, gegen das massenhafte Ausspähen deutscher Stellen durch den US-Geheimdienst NSA zu ermitteln. Andererseits nimmt er jetzt Journalisten ins Visier", sagte Schäfer-Gümbel dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagausgabe).

Quelle: presseportal.de

 

Meinung der Redaktion:

Nachdem die Ermittlungen gegen die Online Plattform wegen Landesverrat erst einmal angelaufen sind und die Behörden dafür in der gesamten Presse dafür stark attakiert werden, will Generalbundesanwalt Range nun erst einmal mit den Ermittlungen abwarten (faz.net). Es bleibt aber festzuhalten, dass die Regierung über die Ermittlungen Bescheid wusste und das macht die Sache wirklich spannend. Denn laut Range wäre nun zunächst einmal in einem Ermittlungsverfahren zu klären, ob sich die Journalisten der Online Plattform wirklich um das Bekanntmachen eines Staatsgeheimnisses handelt. Range erklärte weiter, dass die Ermittlungen bis zum Eingang des Gutachtens ausgesetzt würden. 

Das allerdings ist für Markus Beckedahl (Betreiber der Website Netzpolitik.org) keineswegs ein Grund zur Beruhigung. Er sagte im Tagesspiegel "Das ist leider gar kein Grund zur Entwarnung. Es irritiert eher, dass erst die Ermittlung gestartet und die Öffentlichkeit informiert wird, um dann ein Gutachten einzuholen". Das bestärke eher die Vermutung, dass es sich um einen Einschüchterungsversuch handele. Laut heute.de wusste das Bundesinnenministerium über die Anzeige des Verfassungschutzpräsidenten Bescheid. Und darin genau liegt die Brisans, denn nachdem Maaßen den Abteilugsleiter und die Staatssekretärin im Ministerium informiert habe, hielt diese angeblich eine Meldung an ihren Minister, Thomas de Maizière (CDU), zurück. Der jedenfalls habe keine Kenntnis davon gehabt, sagte ein Sprecher. 

Der ehemaligen Datenschutzbeauftragten Peter Schaar jedenfalls zieht den Schluss, dass es nun für de Maizière eng werden könnte und diese Affäre ihn seinen Posten kosten könnte. "Ich gehe davon aus, dass sich Herr Maaßen im Ministerium grünes Licht geholt hat", sagte er heute.de. Auch für Thomas de Maizière könne es jetzt eng werden, so Schaar: "Das hat das Potential, das einen Minister das Amt kosten könnte."

Dabei ging es vermutlich dem Verfassungsschutz von Anfang an nur darum, die Quellen im eigenen Haus zu finden, die die Haushaltspläne des Verfassungsschutzes an netzpolitik.org geschickt hatten. Das jedoch kommentierte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) so, als würde man das Grundrecht der Pressefreiheit damit ad absurdum führen. 

Auf netzpolitik.org schreibt Meister: "Wir haben Post vom Generalbundesanwalt erhalten. Darin bestätigt er die Ermittlungen gegen Markus, mich und Unbekannt „wegen Verdachts des Landesverrats“ nach § 94 Strafgesetzbuch:

Wir sind keine Zeugen, sondern sollen als Mittäter ebenso haftbar gemacht werden wie unsere unbekannte(n) Quelle(n). Wir sehen das als einen Angriff auf die Pressefreiheit! Es ist lange her, dass in Deutschland so gegen Journalisten und ihre Quellen vorgegangen wurde."

Bereits gestern sagte der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung im MDR Radio, dass es zwar ein berechtiges Interesse eines Staates an Geheimhaltung gäbe, dass jedoch „wenn Journalisten Täter werden, wenn sie befürchten müssen, sich durch die Veröffentlichung von bestimmten Informationen strafbar zu machen, dann ist das Risiko für Journalismus ungeheuer hoch“.

Dabei gilt Netzpolitik.org als einer der bekanntesten deutschen Blogs und wurde sogar 2014 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet, weil sich die Blogger für digitale Bürgerrechte einsetzten. Doch was zählt schon die Wahrheit, wenn sie politisch nicht gewollt ist. Und so spielen die politisch Mächtigen wieder mal ein Katz und Maus Spiel und versuchen, den 'schwarzen Peter' nicht dem zuzuspielen, der ihn vielleicht am ehesten verdient hätte. Vielmehr sieht es danach aus, als würde versucht, diese Affäre mit einem Bauernopfer zu beenden. 

Es lebe die Demokratie!

 

Foto flickr / re:publica 

  • Publiziert in Politik
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