Log in

Frankreich wählt - alles zur Präsidentschaftswahl

Macron und Le Pen machen das Rennen - Macron vorn

Es wird erwartet, dass der Amtsinhaber die Präsidentschaftswahlen in Frankreich gewinnt. Er wird gegen einen rechtsextremen Politiker antreten. Das Ergebnis ist für Europa von Bedeutung. Die erste Runde des Kampfes um den Elysée-Palast ist deutlicher ausgefallen als erwartet.

Nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen lag der französische Präsident mit 6 Prozent vor seiner rechtsextremen Rivalin Marine Le Pen. Der radikale Linke Jean-Luc Mélenchon erhielt mehr Stimmen als erwartet und schied auf dem dritten Platz aus.

Dabei wird die Wahl für die Rechten und auch die Linken in Frankreich zum Debakel. Valérie Pecresse, der Kandidat der gaullistisch-konservativen "Les Républicains" (LR) und die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die Bewerberin der Sozialisten, kommen bei dieser Wahl nur auf 5 Prozent bzw. nicht mal einem Prozent aller Stimmen.

Am 24. April fällt die endgültige Entscheidung

Die grundsätzliche Ausrichtung Frankreichs war nur eine Vorentscheidung in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. Die Entscheidung über den künftigen Kurs des Landes wird am 24. April fallen. Gut ein Viertel der Wähler hat sich am Sonntag geweigert, ihre Stimme abzugeben. Im Kampf gegen Le Pen gab es eine Zweidrittelmehrheit. Umfragen zufolge wird der Präsident die Wahl gegen Le Pen gewinnen.

Der Präsident muss sowohl die Wähler der Linken als auch die Anhänger der eher bürgerlichen Republikaner mobilisieren, um seine Wiederwahl zu gewinnen. Die Spitzenkandidaten der Republikaner und der Sozialisten riefen ihre Anhänger zur Stimmabgabe auf. Der Grüne Yannick Jadot, der auf knapp fünf Prozent kam, rief zur Stimmabgabe für den Amtsinhaber auf. Er rief seine Bewegung der "Unbeugsamen" auf, Le Pen keine einzige Stimme zu geben. Er ließ die Möglichkeit offen, dass sich seine Anhänger im zweiten Wahlgang der Stimme enthalten.

Der rechtsextreme Publizist Éric Zemmour hatte als Kandidat weitaus radikalere Theorien verbreitet, was Le Pen half. Die 53-Jährige wirkte moderater als in der Vergangenheit. Am Sonntag kam Éric Zemmour auf sieben Prozent. Er forderte seine Anhänger auf, für Le Pen zu stimmen.

Die Kandidaten kleinerer Splittergruppen äußerten sich in gleicher Weise. Beide Kandidaten versuchten, Stimmen von anderen Parteien zu bekommen. Zemours Anhänger sollten sich hinter ihm versammeln. Die Entscheidung über die Gesellschaft, ja über die Zivilisation, bezeichnete Le Pen als eine Grundsatzentscheidung.

Vor der Wahl sagte er, er werde seine bisherige Politik fortsetzen. Während seiner ersten Amtszeit setzte sich der 44-jährige Sozialliberale für eine Vertiefung der Europäischen Union und eine Liberalisierung der französischen Wirtschaft ein. Er hielt sein Versprechen, das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre anzuheben, trotz der Herausforderungen von rechts und links.

Le Pen will die Mitgliedschaft Frankreichs in der Nato beenden

Sie will die militärische Integration Frankreichs in die NATO beenden und die gemeinsame Verteidigungspolitik in der EU einschränken. Beobachter befürchten, dass die Wahl Le Pens Europa in eine noch tiefere Krise stürzen würde, als es ohnehin schon ist.

Der Kaufkraftverlust für Franzosen mit niedrigem Einkommen stand im Mittelpunkt von Le Pens Wahlkampf. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind die Preise für Lebensmittel und Benzin in Frankreich gestiegen.

Viele seiner Landsleute sehen ihn als Handlanger der Pariser Eliten. Wenn er wiedergewählt wird, will er jedem Arbeitnehmer einen Bonus von bis zu 6.000 Euro geben. Die Preise für Strom und Gas wurden bereits von der Regierung gedeckelt. Kritiker sagen, der amtierende Präsident habe die Herausforderung durch Le Pen unterschätzt.

Le Pen hat kürzlich aufgehört, ihren früheren Plan zu wiederholen, Frankreich in einem Referendum aus der Währungsunion herauszuführen. Sie will eine Reihe von Sozialleistungen für französische Bürger einschränken. Vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hatte Le Pen Sympathien für Putin geäußert.

 

 

  • Publiziert in Politik

Zu den Wahlen in Frankreich

Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Wahlen in Frankreich

Bielefeld (ots) - »Stärker als jede Armee ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist«. Ist nach diesem Diktum von Viktor Hugo die Zeit für den Front National, mithin für mehr Nationalismus in Frankreich gekommen? Die Zeichen sprechen dafür. Aber es gibt bei genauerer Betrachtung viele Fragezeichen.

Gewiss, die Zeit ist reif, Konzepte wie den Euro oder Schengen einer Prüfung und Korrektur zu unterziehen, bevor der Wirklichkeitstest sie vollends zur Makulatur macht. Aber kann das der Front National leisten oder wird er das europäische Kind nicht mit dem Bade ausschütten?

Sicher, die Zeit ist reif, auch den Islam allgemein und in Europa im besonderen auf seine Zeitgemäßheit hin zu befragen, so wie manche aufgeklärte Geister das mittlerweile auch tun, erst recht nach dem 13. November. Aber ist der Front National zu einer Disputatio mit Argumenten und ohne Zornesröte dazu fähig?

Und klar, das politisch-mediale Establishment steckt in Frankreich in einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise. Zu schnell werden Andersdenkende verächtlich abgetan und ins Abseits gestellt mit dem Habitus des sich besser dünkenden Menschen, der immer besser weiß, was gut ist für die Allgemeinheit. Diese Überheblichkeit, die man in allen Parteien, vor allem aber im linken und grünen Lager gehäuft vorfindet, macht wütend und treibt die Geächteten zu Parteien außerhalb des Establishments. Das ist in Frankreich mit seinem fast feudalistischen Klassendenken seit Jahrzehnten zu beobachten und in Deutschland übrigens seit einiger Zeit auch. Aber sind Populisten vom Schlag einer Marine Le Pen in der Lage, enttäuschte Wähler zu halten, also dauerhaft zufrieden zu stellen?

All diese Fragen führen zu einer einzigen: Wie sieht das Programm des Front National aus? Wer auch hier genauer hinschaut, wird feststellen, dass es ziemlich vage gehalten ist und vor allem gegen die etablierte politische Klasse und ihre Selbstbedienungsmentalität wettert. Das aber ist das klassische französische Phänomen des Poujadismus, jener Protestbewegung, die auf einen Buchhändler in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurückgeht und die durch den Protest gegen Steuergesetze zu einer gewissen zeitweiligen Blüte gelangte. Sie währte ein paar Sommer lang. Jugendchef dieser Bewegung war übrigens Jean-Marie Le Pen, der Vater der Vorsitzenden und Gründer des Front National.

Mit anderen Worten: Der politische Reifetest für den Front National steht noch bevor. Er könnte ihn bestehen, wenn er das politische Programm, vor allem den Wirtschaftsteil, änderte. Hier sind ihm die bürgerlichen Parteien noch ein gutes Stück voraus. Aber die allgemeinen Zukunftsfragen zu Europa und dem Islam sind ernst zu nehmen. Ihrer werden sich die bürgerlichen Parteien auch annehmen. Deshalb, solange das Programm des Front National so bleibt wie es ist, war am Sonntag ein Tag der Abrechnung gekommen, die Zeit für eine neue Idee noch nicht.

Quelle presseportal  Foto by flickr/Rémi Noyon

Diesen RSS-Feed abonnieren

Dortmund

Banner 468 x 60 px