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Italiens neue Regierung und ihre Protagonisten

Die neue italienische Regierung im Porträt: Wie sieht sie aus?

Giorgia Meloni ist die neue Regierungschefin Italiens.

Die rechtsnationale Politikerin ist die erste Frau, die das Amt innehat. Sie ist 40 Jahre alt und wird von der Partei Fratelli d'Italia angeführt. Ihre Minister wurden am Mittwoch vereidigt. Zu ihrem Kabinett gehören auch Matteo Salvini und Luigi Di Maio, die beiden anderen Führer der rechten Koalition.

Giorgia Meloni, die erste weibliche Premierministerin Italiens, hat klarzustellen versucht, dass sie nicht mit dem Titel "la Presidente" angesprochen werden möchte. Dies würde sich zwar anbieten, allerdings bevorzugt sie den Titel "il Presidente del Consiglio", was soviel bedeutet wie der Präsident des Ministerrats. Dies steht im ersten Communiqué, das herausgegeben wurde, als Meloni ihr Kabinett vorgestellt hatte. Eine peinliche Verwechslung auf der Ministerliste ließ dieses Corrigendum notwendig erscheinen. Wenn auch der Artikel noch geändert werden kann, so ist die Postfaschistin doch keine Feministin.

Giorgia Meloni und ihre 24-köpfige Regierung haben am Samstag im römischen Quirinalspalast ihren Amtseid vor Staatspräsident Sergio Mattarella geleistet. Die Spitzen der Europäischen Union gratulierten sofort: "Herzlichen Glückwunsch an Giorgia Meloni zu ihrer Ernennung zur italienischen Premierministerin, der ersten Frau in diesem Amt", kommentierte die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie freut sich auf eine "konstruktive Zusammenarbeit" mit der neuen italienischen Regierung.

In der neuen italienischen Regierung sind viele bereits bekannte Gesichter, die allerdings schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Insbesondere die rechtsgerichtete Partei Fratelli d'Italia, welche bei den jüngsten Parlamentswahlen 26% der Stimmen erhalten hat, nimmt sich mit neun Posten einen großen Teil des Kabinetts. Die beiden weiteren regierenden Parteien Lega und Forza Italia erhalten fünf Ministerien. Zusätzlich gibt es fünf Ressorts, welche an parteilose Technokraten vergeben werden - unter ihnen allerdings keiner mit einem besonders prominentem Namen. Ursprünglich hatte die neue Ministerpräsidentin Meloni ein hochkarätiges Kabinett versprochen, doch herausgekommen ist lediglich ein mittelmäßiges Team alter Bekannter aus früheren Regierungszeiten von Silvio Berlusconi.

Einige Ministerien wurden umbenannt, was unterschiedliche Interpretationen zulässt. So ist das Familienministerium jetzt auch als "Ministerium für Natalität" bekannt. Dies ist von Bedeutung, da Italien seit vielen Jahren eine rückläufige Demografie aufweist. Auch das Ministerium für die wirtschaftliche Entwicklung wurde in "Ministerium der Unternehmen und des Made in Italy" umbenannt. Zuletzt trägt auch das Landwirtschaftsministerium den Zusatz "Souveränität über Lebensmittel", um die Förderung lokaler Produkte sicherzustellen. Melonis Absichten werden hier also deutlich widergespiegelt.

Antonio Tajani

Antonio Tajani, 69, Römer und Italiens neuer Außenminister, ist gleichzeitig auch Vize von Meloni. Tajani war in seinen jungen Jahren Monarchist. Er fand seinen wahren König, als er Berlusconi traf. Als der Medientycoon in die Politik wechselte, war Tajani dessen Sprecher - der Nachwischer und Exeget, wenn der Chef mal wieder entgleist ist. Antonio Tajani ist einer der führenden Politiker Italiens und hat sich in seiner Karriere vor allem in Europa einen Namen gemacht. Er saß fünf Legislaturperioden im Europaparlament und hat zwei Posten in der Europäischen Kommission innegehabt. Zuletzt war er erst vor ein paar Tagen wieder in Brüssel, wo er Berlusconis ungebrochene Zuneigung zu Wladimir Putin bekundete und den russischen Präsidenten schnell vom Aggressor der Ukraine zum Angegriffenen uminterpretierte; Tajani musste garantieren, dass Italien auf Kurs bleibt.

Matteo Salvini

Matteo Salvini, 49, aus Mailand, wollte ursprünglich wieder Innenminister werden. Er ist nun aber Transportminister und Vizepremier geworden. Mit den zwei Vizes sichert sich Meloni eine gewisse Stabilität - zumindest in Theorie. Die Parteien Lega und Forza Italia werden stark in die Verantwortung einbezogen. Doch ob dies ausreicht, ist ungewiss. Bereits gibt es einen Konflikt hinsichtlich der Befugnisse Salvinis'. Dieser hatte gehofft, dass er einen großen Teil der Ressourcen aus dem Wiederaufbaufonds für die Modernisierung von Infrastrukturen erhalten würde. Er wollte gerne durch Italien reisen und die Verwaltung des Wiederaufbauplans dem neuen Europaminister Raffaele Fitto überlassen, um sich von seinem Popularitätstief zu erholen. Doch Meloni wies die Verwaltung des Wiederaufbauplans ihrem Parteifreund Raffaele Fitto zu, dem neuen Europaminister. Eine neue Komponente "Meer" wird dem Ministerium für den Süden hinzugefügt, was bedeutet, dass Salvini die Hoheit über die Häfen und die Küstenwache verliert. Die Lega ist empört. Salvini dachte, er könnte das alte Spiel mit den Seenotrettern wieder aufnehmen. Es ist unvergessen, wie er im Zeitraum zwischen Sommer 2018 und Sommer 2019 sämtliche Häfen für NGOs und Rettungsschiffe der Marine in Italien geschlossen hat. In einem konkreten Fall steht er hierfür bis heute vor Gericht.

Giancarlo Giorgetti

Giancarlo Giorgetti, 53 Jahre alt aus Varese und Nummer zwei der Lega, ist der neue Minister für Wirtschaft und Finanzen. Er gilt als Freund und Denkverwandter von Mario Draghi, weshalb man ihn auch "Draghiano" nennt. Er soll Brüssel und die Finanzmärkte davon überzeugen, dass Italien keine unnötigen Schulden macht und die Bücher in Ordnung sind. Wahrscheinlich hätte ein anderer, international renommierterer Name noch stärker beruhigt, zum Beispiel Fabio Panetta von der Europäischen Zentralbank. Giorgetti muss nun in kurzer Zeit und in schwierigen Zeiten das Staatsbudget für 2023 ausarbeiten. Draghi hat etwas Vorarbeit geleistet, doch die Herausforderung bleibt riesig. Einige der größten Sorgen der Menschen in Italien sind die explodierenden Energiepreise, die Möglichkeit einer Rezession sowie der hohe Schuldenberg. Giorgetti, welcher an der renommierten Universität Bocconi Wirtschaft studiert hat, ist seit 1996 Abgeordneter im Parlament. In den zehn Jahren davor war er Präsident der Haushaltskommission.

Eugenia Roccella

Eugenia Roccella, 68 Jahre alt und aus Bologna, ist die neue Ministerin für Familie, Natalität und Gleichstellung in Italien. Sie ist von allen Nominierungen die umstrittenste. Sie galt früher als Feministin. Für Feministinnen, Bürgerrechtlern und Homosexuellen gilt "Theocon", wie sie auch in Italien die ultrakatholischen Konservativen genannt werden, als größtes Problem. Roccella stellt sich ganz offen gegen die eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare, künstliche Befruchtung, Patientenverfügungen und Euthanasie. Abtreibung sei so für sie kein Thema. Während manche das Recht auf Abtreibung verteidigen, sehen andere es als finstere Seite der Mutterschaft an. Skeptiker befürchten, dass Regierungschefin Meloni durch ihre krawallige Beförderung von Roccella dazu beitragen könnte, die Situation in Polen und Ungarn wiederherzustellen, wo das Recht auf Abtreibung eingeschränkt wird.

Guido Crosetto

Guido Crosetto, 59, aus Cuneo, ist Verteidigungsminister und beeindruckt mit seiner großen Statur. Der "gute Riese der Rechten" ist knapp zwei Meter groß und wird oft in den Medien erwähnt. Er gründete 2012 zusammen mit Meloni die Partei Fratelli d'Italia und stand gemeinsam auf der Bühne. Danach hob er sie schnell mal hoch und trug sie auf seinen Armen. Crosetto ist ein Christdemokrat und war früher bei der Partei Forza Italia. Er ist zu einer Ikone in Italien geworden, besonders wenn die Brüder Italiens das Label "Postfaschismus" nicht mehr hören wollen. Sie weisen immer auf Crosetto als Beispiel hin. Crosetto, der zuletzt als Manager für ein Rüstungsunternehmen tätig war, das sich auf die Ausstattung von Marineschiffen spezialisierte, und auch als Lobbyist unterwegs war, soll von Meloni daher ein unverfänglicheres Ministerium bekommen. Crosetto wehrt sich gegen den Vorwurf eines Interessenkonfliktes und gibt an, dass er alle seine Ämter niedergelegt habe. Zudem wolle er seine Firmen auflösen. "Als Minister verzichte ich auf 90 Prozent meines bisherigen Lohns", so Crosetto.

Francesco Lollobrigida

Francesco Lollobrigida, 50, Römer und Großneffe der Schauspielerin Gina Lollobrigida, ist Italiens neuer Minister für Landwirtschaft und Souveränität über Lebensmittel. Vor allem aber ist er Melonis Schwager - Ehemann von ihrer älteren Schwester Arianna. Der neue Premierminister und der Fraktionschef saßen immer nebeneinander, da sie beide eine enge Beziehung zur Jugendbewegung der Postfaschisten hatten. Sie haben dieselbe Schule besucht. Meloni ist es wichtig, dass ihre Leute im Fernsehen gut rüberkommen und deshalb schickt sie häufig ihn. Er ist der so ziemlich der Einzige, der sich traut, ihr zu widersprechen und hat ein hollywoodeskes Lächeln. Seine Sätze klingen immer ein wenig gestanzt. Nun, da er neben dem Fraktionsvorsitz auch Ministerpflichten hat und Giorgia Ministerpräsidentin ist, soll Arianna Meloni entsprechend nachrücken - als Spitzenfrau in der Partei und als Aufpasserin. So bleibt alles in der Familie.

Eine Regierung mit unterschiedlichen Protagonisten

Italiens neue Regierung ist eine Regierung mit unterschiedlichen Protagonisten. Die neue Regierung besteht aus fünf Parteien: der Lega, der Fünf-Sterne-Bewegung, der Partei Demokratischer Fortschritt, Forza Italia und dem kleinen liberaldemokratischen Flügel. Diese fünf Parteien sind in vielerlei Hinsicht unterschiedlich. Sie haben unterschiedliche politische Ziele, unterschiedliche Wählerbasen und unterschiedliche politische Kulturen. Die Lega ist eine rechtspopulistische Partei, die sich vor allem gegen die Einwanderung richtet. Die Fünf-Sterne-Bewegung ist eine populistische Partei, die sich gegen die etablierte Politik richtet. Die Partei Demokratischer Fortschritt ist eine sozialdemokratische Partei, die sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt. Forza Italia ist eine konservative Partei, die sich für wirtschaftlichen Fortschritt einsetzt. Der liberaldemokratische Flügel ist eine kleine liberale Partei, die sich für Bürgerrechte und die Achtung der Menschenwürde einsetzt. Diese fünf Parteien haben unterschiedliche politische Ziele. Die Lega will die Einwanderung stoppen und Italien vor den Folgen schützen. Die Fünf-Sterne-Bewegung will die etablierte Politik stürzen und das Volk an die Macht bringen. Die Partei Demokratischer Fortschritt will soziale Gerechtigkeit erreichen. Forza Italia will wirtschaftlichen Fortschritt erreichen. Der liberaldemokratische Flügel will Bürgerrechte und die Achtung der Menschenwürde durchsetzen. Italiens neue Regierung hat also unterschiedliche Ziele. Dies spiegelt sich auch in den unterschiedlichen Wählerbasen der fünf Parteien wider: Die Lega wird vor allem von rechtspopulistischen Wählern unterstützt, die Fünf-Sterne-Bewegung von populistischen Wählern, die Partei Demokratischer Fortschritt von sozialdemokratischen Wählern, Forza Italia von konservativen Wählern und der liberaldemokratische Flügel von liberalen Wählern. Diese unterschiedlichen Wählerbasen spiegeln sich auch in den unterschiedlichen politischen Kulturen der fünf Parteien wider: Die Lega hat eine rechtspopulistische politische Kultur, die Fünf-Sterne-Bewegung eine populistische politische Kultur, die Partei Demokratischer Fortschritt eine sozialdemokratische politische Kultur, Forza Italia eine konservative politische Kultur und der liberaldemokratische Flügel eine liberale politische Kultur. Italiens neue Regierung ist also sehr heterogen. Dies kann zu Schwierigkeiten führen, da es oft schwierig ist, unterschiedliche Positionen zu vereinbaren. Allerdings kann dies auch Vorteile haben: Da die Regierung sehr heterogen ist, kann sie versuchen, verschiedene Positionen anzusprechen und so möglicherweise mehr Menschen zu erreichen.

 

 

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