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Gas-Versorger kassieren kräftig ab

Trotz sinkender Gas Preise keine Entwarnung für die Verbraucher

Obwohl die Branche bei geschätzen 1,3 Milliarden Euro Marge einen kräftigen Batzen verdient und die Gaspreise in den letzten Monaten weiter gesunken sind, haben die Verbraucher nicht von den Einsparungen profitiert. Das soll sich aber nach den Aussagen der FAZ ändern. Zumindest besteht eine Hoffnung auf Besserung.
Denn nach einer neuen Studie des Energieinformationsdienstes Energycomment im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen wurde nun bekannt, dass die Einkaufspreise für Gas sich um über 27 Prozent reduziert haben und die Energierversorger damit ihre Gewinne erheblich steigern konnten.
Da diese Einsparungen aber nicht an die Verbraucher weiter gegeben wurden, konnten die Versorger allein dadurch 1,3 Milliarden mehr Gewinn verzeichnen. Der Industrie wurde in 2015 bereits erste Vergünstigungen weiter gegeben. Allerdings haben die Versorger bei den Importen 27% gespart, davon allerdings nur einen kleinen Teil an die Industrie weiter gegeben. Trotz allem rechnet man damit, dass die Energieversorger im kommenden Jahr die Preise senken werden. Zum Teil sind Senkungen von bis zu 15% vorgesehen.
Quelle presseportal  Foto by flickr/Wolfgang Staudt

  • Publiziert in Geld

Kippt der Schutz privater Haushalte bei Gas?

"Es könnte das Schreckensszenario für die europäische Wirtschaft werden": Experten warnen vor den Folgen einer monatelangen Unterbrechung von Gasströmen

Die Energiewende ist in vollem Gange und wird auch in den kommenden Jahren weitergehen. Doch es gibt viele Menschen, die sich Sorgen machen, was das für ihren privaten Haushalt bedeuten könnte. Besonders dann, wenn Putin den Gashahn wirklich abdreht.

Auch wenn Gas im Moment noch relativ günstig und in ausreichender Menge zu haben ist, kann es in Zukunft knapper und teurer werden. Dies ist eine der Befürchtungen von Umweltminister Robert Habeck (Grüne), der nun einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, der die Versorgungssicherheit für private Haushalte stärken soll.

Derzeit sind die großen Gasversorger verpflichtet, auch in Krisensituationen den privaten Haushalten die notwendige Energie zur Verfügung zu stellen. Die Industrie dagegen kann bei Engpässen abgekoppelt werden. Dies gilt als ungerecht, weil es die kleinen Verbraucher trifft, die am wenigsten dafür können.

Mit dem neuen Gesetzesentwurf will Habeck diese Ungleichheit beseitigen und die Versorgungssicherheit für alle verbessern. Allerdings sieht er auch einige Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin. So ist es nicht einfach, die Interessen der unterschiedlichen Akteure auf dem Energiemarkt unter einen Hut zu bringen. Auch die EU-Kommission mischt sich in die Debatte ein und macht Druck auf Deutschland, keine Alleingänge zu machen.

Trotzdem ist es wichtig, dass über solche Themen diskutiert wird. Denn mit der Energiewende wird sich die Situation auf dem Gasmarkt verändern und es kann zu Engpässen kommen. Insofern ist es richtig, dass Habeck dieses Problem angepackt hat.

Monatelange Dunkelheit, kein Heizen, keine Kühlung: So sieht unsere Zukunft aus, wenn der Worst Case eintritt!

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die bisher vorgesehene Priorisierung von Verbrauchern gegenüber der Industrie im Falle einer Gasknappheit infrage gestellt. Private Haushalt müssten auch „ihren Anteil leisten“, sagte Habeck bei einem Besuch in Wien am Dienstag. Denn „eine dauerhafte oder langfristige Unterbrechung von industrieller Produktion“ hätte „massive Folgen“ für die Versorgungssituation. Insbesondere sei es nicht vertretbar, dass die Industrie unter der Knappheit zu leiden habe und die Folgen tragen muss, während private Haushalte vorrangig behandelt werden.

Der Minister führte weiter aus, dass die europäische Notfall-Verordnung Gas einige sinnvolle Regelungen für die Bevölkerung beinhaltet. So seien kritische Infrastruktur und Verbraucher geschützt, während Industrie und Wirtschaft nicht im Fokus stehen. Dies sei sinnvoll bei kurzfristigen und regionalen Problemen, etwa wenn ein Kraftwerk ausfällt. Allerdings sollten diese Regelungen überdacht werden, da sie laut dem Minister bei einem langen Ausfall der Infrastruktur unzureichend seien.

Experten warnen, dass ein solches Ereignis verheerende Folgen für die europäische Wirtschaft haben könnte.

Das Schreckensszenario einer monatelangen Unterbrechung von Gasströmen droht immer realer zu werden. Experten warnen, dass ein solches Ereignis verheerende Folgen für die europäische Wirtschaft haben könnte. Insbesondere Deutschland, das stark von Gasimporten abhängig ist, würde empfindliche Schäden nehmen. Die Bundesregierung hat bereits Maßnahmen ergriffen, um sich auf eine solche Situation vorzubereiten, doch Experten sind sich einig: Sollte es tatsächlich zu einer Unterbrechung der Gaslieferungen kommen, wäre die Lage des Landes dramatisch.

Angesichts der drohenden Gasunterbrechung fordert Ministerpräsident Habeck eine schnelle Änderung der europäischen Regeln. Konkret geht es darum, dass private Haushalte und elementare Infrastrukturen wie Krankenhäuser bei einer Gasunterbrechung bevorzugt werden. Derzeit ist es nach den europäischen Regeln so, dass zuerst die anderen Kunden – vor allem Kraftwerke und Industrieverbraucher – abgeschaltet werden müssen, bevor die „geschützten Kunden“ abgestellt werden können. Eine nennenswerte Debatte auf europäischer Ebene gibt es bisher nicht.

Es hagelt Kritik von allen Seiten

Die zunehmenden Kosten in der Energiepolitik sind ein großes Thema auf der diesjährigen G-7 Konferenz. Insbesondere Raed Saleh, Landes- und Fraktionschef der SPD in Berlin, äußert dabei scharfe Kritik an Habeck. Dessen Vorschlag, die Kosten teilweise auf die Verbraucher abzuwälzen, sei "unterkühlte Politik". Stattdessen fordert er vom Bund eine stärkere Beteiligung an den explodierenden Kosten. Laut Saleh werde der Bund durch die gestiegenen Kosten "rund 50 Milliarden Euro ungeplante Mehreinnahmen" erzielen.

Zuvor hatte Habeck die Priorisierung der Gasversorgung für Haushalte infrage gestellt. Eine dauerhafte Unterbrechung von industrieller Produktion hätte massive Folgen für die Versorgung, sagte Habeck am Dienstag. Saleh forderte von Habeck, dass sich der Bund bei den explodierenden Kosten stärker zu beteiligen habe. Der Bund habe durch die gestiegenen Kosten überall zwischen 2021 und 2023 „rund 50 Milliarden Euro ungeplante Mehreinnahmen aus genau diesen Kostenentwicklungen bei der Mehrwertsteuer“, wie Saleh sagte.

Saleh polarisiert

Saleh warnt, dass Habeck die Mittelschicht in den Abgrund reißen könnte, wenn er nicht bald seine Taktik ändert. Der SPD-Landes- und -Fraktionschef kritisiert außerdem, dass die Grünen selbst einige der aktuellen Probleme verursacht haben. Insbesondere beim Thema Erdgas hätten sie 2020 und 2021 klare Fehler gemacht, welche die Abhängigkeit von Russland verstärkt und zu geringen Speicherfüllständen in Deutschland geführt haben.

Auch die Mieterverbände reagieren verstimmt

Der Mieterbund reagiert mit Ablehnung auf Habecks Äußerungen zur Gasversorgung in Deutschland. Laut dem Verband ist es die Aufgabe der Bundesregierung, sich an geltendes EU-Recht zu halten und alles Erdenkliche zu tun, um die Gasversorgung für private Haushalte und Industrie sicherzustellen. Dies sei mit den aktuellen Plänen zur Förderung von Erdgas nicht gewährleistet.

Der Berliner Mieterverein hat sich zu den Spekulationen über eine Aufweichung der Priorisierung von kritischer Infrastruktur wie Krankenhäusern oder Altenheimen geäußert und fordert die bisherige Priorisierung beizubehalten. Geschäftsführer Reiner Wild befürchtet aber, dass ordnungsrechtliche Vorgaben Eingriffe in die zulässige Raumtemperatur ermöglichen werden und es so zu einer Privilegierung von Eigentümern gegenüber Mietern käme.

FDP und Union stimmen ein

Die FDP hat in dieser Woche die Grünen unter Druck gesetzt, was die Kernenergie in Deutschland angeht. Obwohl die drei verbliebenen Atomkraftwerke Ende des Jahres abgeschaltet werden sollen, fordert die Union seit langem, dass sie vorerst am Netz bleiben.

Nun hat sich auch der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr, für eine längere Laufzeit der AKW ausgesprochen. Darüber hinaus sagte der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Michael Kruse, dem Tagesspiegel Deutschland brauche zur Klärung der offenen Fragen einen "Kernkraftgipfel" mit Betreibern von Kraftwerken, den zuständigen Branchenverbänden und Politikern. "Es darf keine Kilowattstunde leichtfertig verschenkt werden", sollten wir im Winter in eine Notlage kommen.

Habeck skizziert die Lage realistischer

Die Debatte über die Sicherheit der Energieversorgung im kommenden Winter ist in vollem Gange und jeder will seine Meinung sagen.

Die Grünen sprechen von einer Scheindebatte, da sowohl Habeck als auch Fraktionschefin Katharina Dröge die Forderungen zurückgewiesen haben. Atomkraft würde kaum helfen, die Gasknappheit in Deutschland zu lindern. Dabei geht es vor allem um die Bereiche Wärme und Industrie, sagte Habeck weiter. Der Berliner Senat arbeitet an eigenen Konzepten, um Berliner vor dem Frieren im Winter zu bewahren. Das bestätigte Sozialsenatorin Katja Kipping dem Tagesspiegel.

Nach Tagesspiegel-Informationen könnten das zum Beispiel Wärmeinseln sein. Es wird diskutiert, Stadtteilzentren oder andere Sozialeinrichtungen dafür zu nutzen. Allerdings laufen hier noch die Beratungen mit "allen Akteuren", wie die Sozialverwaltung auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte. Die Belegung von Turnhallen sei jedoch explizit nicht geplant, sagte Kipping abschließend.

Jenseits aller Polemik

Während alle anderen Parteien den Schwarzen Peter in diesen Zeiten der Gasknappheit den Grünen zuschieben wollen, bleibt Habeck einfach Habeck und analysiert fachlich und nüchtern die Situation. Alternativen zu den bisherigen EU-Richtlinien scheinen unausweichlich zu sein. Es sei denn, man will den letzten Rest der Großindustrie in Deutschland vor die Wand fahren. Neben parteipolitischem Kalkül sollte man die Lage jedoch realistisch einschätzen. Und realistisch würde bei einer Gasknappheit zu einer massiven Katastrophe in der Wirtschaft führen, die nicht mit Ausgleichszahlungen wieder gutzumachen ist.

So eine Situation würde zu einer dauerhaft massiv steigenden Arbeitslosigkeit führen. Und noch schlimmer - diese verlorenen Arbeitsplätze würden wohl bei einer Normalisierung der Situation auch nicht wieder neu entstehen. Deutschland kann sich langsam von dem Gedanken verabschieden, dass es in Zukunft so weitergeht wie in den letzten 60 Jahren. Vielmehr wird das Wort Verzicht in Zukunft größer geschrieben werden müssen. Und auch das deutsche Versprechen von Wohlstand muss man in Zukunft mit einem großen Fragezeichen versehen.

 

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