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Brexit ist beschlossen - Europa bebt

Nach dem Referendum - Welche Lehren werden in Brüssel gezogen?

welche dauerhaften Folgen wird der Brexit in Europa hinterlassen?

Wenn man sich die politischen Sender im Ersten oder Zweiten angeschaut hat und sich dazu die Kommentare der Euro-Politiker anschaut, dann bleibt im Moment ein bitterer Geschmack von "Haben die denn immer noch nicht kapiert"? Statt nun endlich zu begreifen, dass hier möglicherweise etwas an der Art den Europäern, Politik naherzubringen, geändert wird, tun die Verantwortlichen in Brüssel immer noch so, als wenn die Engländer eine falsche Entscheidung getroffen hätten und nicht wüssten, was sie mit dieser Wahl tun. Und am liebsten wäre es sicher heute dem einen oder anderen Spitzenpolitiker, dass sie die Entscheidung für ein Referendum rückgängig machen könnten. Denn was heute noch nach einer Art Denkzettel für die Politik in der Euro Zone aussieht, könnte den Anfang vom Ende der gesamten Eurozone bedeuten.

Angst war wohl eine der größten Triebfedern für den Ausgang des Referendums

Natürlich zeigten die letzten Wochen, dass die Propaganda der beiden Lagern niemals nüchtern und sachlich geführt wurde, sondern verlogen und unaufrichtig. Dabei war es den Meinungsmachern auch niemals darum, die Wähler aufzuklären - im Gegenteil. Der Wähler wurde nach Strich und Faden belogen und kaum eine Zahl, die als Fakten präsentiert wurde, könnte einer ernsthaften Prüfung standhalten. Das beste Beispiel dafür war der rote Tourbus, mit dem die Brexit Befürworter durch das ganze Land tourten und auf dem zu lesen war: "Die britische Regierung überweist weder 350 Millionen Pfund pro Woche".

Das Trump Phänomen scheint abzufärben

Das Highlight in der Schmutzkampage zum Brexit lieferte dann Michael Gove, der Kopf der Brexit-Kampagne und der früherer Bildungsminister, der in einer Fernsehshow dem Publikum sagte: "Ihr, liebes Publikum, seid dumm [...] Zerbrecht euch nicht die Köpfe darüber, was Experten sagen." In Donald Trump Manier beschwor er weiter die Wut der Menschen und nutzte die Emotionen dafür, dass vielleicht die Ratio auf der Strecke blieb.

Wahrheit oder Propaganda

Wenn also die Conclusio darüber, was so ein Referendum letztlich gebracht hat, die ist, dass Wahrheiten noch weniger als sonst an das Licht der Öffentlichkeit gebracht wurden, aber stattdessen riesige Propaganda Schlachten geschlagen wurden, darf man ernsthaft den Wert eines solchen Referendum auf den Prüfstand stellen und die Sinnfrage stellen. Die Zeit fragt in ihrem aktuellen Artikel danach, ob die Wähler sich also für den Brexit auf der Grundlage von Lügen entschieden haben? Diese Frage stellt sich aber letztlich als kaum beantwortbar heraus, da die Wahrheit immer im Auge des Betrachters liegt. Sicher ist nur, dass sich die anderen Euro-Oberhäupter nun gut überlegen werden, das Volk noch einmal zu solch wichtigen Entscheidungen zu befragen.

Es lebe die Demokratie...

Bild Quelle: flickr/muffinn

Bröckelt Europa langsam weg?

EU-Gipfel Schlechte Aussichten für Europa Knut Pries, Brüssel

Bielefeld (ots) - EU-Gipfelchef Donald Tusk ist bange: "Ich fürchte, 2016 wird so schwierig wie 2015." Wahrscheinlich ist die Ahnung des Polen sogar untertrieben. 2016 wird nicht einfach ein besonders schwieriges Jahr für die EU. Es wird das Jahr, in dem sich entscheidet, ob die Union den Trend zur Selbstabwicklung umkehren kann oder weiter Richtung Abgrund trudelt. Dabei sind die meisten Herausforderungen, denen sich die verdrossene Gemeinschaft der 28 Mitgliedstaaten in den kommenden zwölf Monaten gegenüber sieht, nicht neu. Bald jeder EU-Bürger kann die Stichworte im Schlaf hersagen: Griechenland und der Euro, Flüchtlinge, Terrorismus und Islamischer Staat, Vormarsch der Rechten. Krisen? Haben wir früher auch gehabt, sagen die Beschwichtiger. Doch es gibt einen Unterschied: Noch nie haben sich so viele Großprobleme übereinander geschoben. Und gelöst ist keines. Grexit, der krachende Abschied Griechenlands aus dem Euro, schien im Frühherbst mehr oder weniger ausgestanden. Auf Seiten der Euro-Partner zog vorsichtiger Optimismus ein, dass die Wende zum Guten zwar nicht vollzogen, aber doch eingeleitet sei. Nun kippt die Stimmung wieder: Die Griechen liegen bei der versprochenen Privatisierung weit hinter Plan. Das Misstrauen ist wieder da. War der bekundete Reformwille wieder nur Spiegelfechterei? Noch düsterer sieht es an der zweiten Großbaustelle aus, der Flüchtlingskrise. Sie stellt Europa vor ein Problem nicht gekannter Dimension. Die Hauptbetroffenen - Deutschland, Österreich, Schweden - versuchen seither verzweifelt, auch die Lösung zu "europäisieren". Doch die viel beschworene Solidarität bei einer fairen Lastenteilung, dem Schutz der Außengrenzen und der Bekämpfung der Fluchtursachen in Afrika und dem Nahen Osten blieb in dürftigen Ansätzen stecken. Statt dessen wurde die rabiate Abwehrhaltung des ungarischen Premiers Viktor Orban zum Modell. Andere Länder agieren ebenfalls nach der Devise "Rette sich, wer kann". Schengen-Grenzen sind wieder mit Stacheldraht bewehrt. Und 2016 folgt nun auch noch die Abstimmung über den "Brexit". Bis Februar will Premier Cameron den EU-Partnern so viele Reformzusagen abgehandelt haben, dass er seinen Landsleuten die Zustimmung zur weiteren Mitgliedschaft empfehlen kann. Es ist ein Hochrisiko-Manöver - Ausgang offen. Der jüngste Gipfel hat zwar deutlich gemacht, dass man die Briten in der Union halten will. Der Widerstand gegen Zugeständnisse aber ist groß. Alles in allem keine guten Aussichten für Europa.

Quelle presseportal  Foto by flickr/European Parliament

Integrationspolitik muss sich der Realität anpassen

Rheinische Post: Historiker Leonhard kritisiert Euro-Rettungspolitik

"Das alte Modell funktioniert nicht mehr"

Düsseldorf (ots) - Der Historiker Jörn Leonhard hält die bisherige europäische Integrationspolitik für nicht mehr zukunftsfähig. "In der aktuellen Krise zeigt sich: Das alte Modell, wie Europa zusammengewachsen ist - immer mehr Integration, keine Rückschritte -, funktioniert nicht mehr", sagte Leonhard der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagausgabe). Ein neues Modell sei noch nicht in Sicht. Auch daher rühre "die erkennbare Erschöpfung vieler Politiker". Leonhard, der an der Universität Freiburg westeuropäische Geschichte lehrt, hatte 2014 das Sachbuch "Die Büchse der Pandora" über den Ersten Weltkrieg veröffentlicht. Eine Lehre aus der Griechenland-Krise sei, sagte er, "dass die Unumkehrbarkeit als europäische Staatsräson in eine Krise geraten ist. Ein riesiger Fehler wäre es zu sagen: Nur Unumkehrbarkeit sichert Frieden. Der Fetisch der Unumkehrbarkeit schränkt unsere politischen Möglichkeiten ein, rational über andere Optionen zu sprechen." Leonhard kritisierte auch die Euro-Rettungspolitik der vergangenen Jahre: "Die Menschen merken es, wenn die Regeln über jede Grenze hinaus gebogen werden, nur um zu beweisen, dass es keinen Rückschritt gibt. Wenn die Glaubwürdigkeit der Preis für die Unumkehrbarkeit ist, wäre das ein sehr hoher Preis." Trotzdem sieht der Historiker in der Krise auch Chancen: "Über Europa ist lange nicht so intensiv gesprochen und nachgedacht worden: über die Leistungen - und über die Probleme. Das ist belastend, aber auch hilfreich, wenn daraus die Erkenntnis erwächst, dass wir nicht weitermachen können wie bisher." Vor allem das Europäische Parlament hat nach seiner Ansicht "ein enormes Potenzial": "Tsipras' Auftritt in Straßburg war ein Event. Europa ist mehr als die Limousinen der Staatschefs, und die Gehäuse der Nationalstaaten werden durchlässiger."

Das komplette Interview:

Fangen wir ganz einfach an: Was ist eigentlich Europa? Leonhard (lacht) Das ist sozusagen die Eine-Million-Euro-Frage. Ich kann aber keinen Joker anbieten. Leonhard Also gut: Zunächst ein geografischer Raum, dann ein historischer Erfahrungsraum: Reformation, Aufklärung, Revolutionen, Rechtsstaat, und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg eine politische Struktur im Rahmen der europäischen Integration. Sind es diese historischen Erfahrungen, die uns zusammenhalten? Leonhard Einerseits: Ja, natürlich. Andererseits wäre ich sehr vorsichtig, was etwa ein gemeinsames europäisches Wertegerüst angeht. Schon der Unterschied zwischen der deutschen Tradition des Rechtsstaats, dessen Regeln zu beachten sind, und dem Fokus auf die soziale Republik in Frankreich ist sehr groß - und da sind wir noch mitten in Kerneuropa. Frankreich war sehr früh ein Nationalstaat, Polen musste darum lange kämpfen. Das alles lässt sich nicht ohne Weiteres in etwas Gemeinsames übersetzen. Vermutlich ist es die spannungsreiche Vielfalt, die Europa ausmacht, und eben die historisch gewachsene Erfahrung, wie man mit dieser Vielfalt umgeht. Auch in Krisen und Konflikten. Krisen wie jetzt gerade. Leonhard Ja. Je höher man in der Werteskala greift, wenn zum Beispiel die Kanzlerin sagt: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa", desto höher liegt die Latte und desto eher stehen grundsätzliche Dinge infrage, wenn die Latte gerissen wird. Für die Generation, die den Krieg noch erlebt hat, war die europäische Integration eine Antwort auf den Krieg, aber diese emotionalisierte Sicht ist nicht mehr automatisch eine Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart. Der Grexit ist keine Frage von Krieg und Frieden. So zu argumentieren, beschränkt die politische Handlungsfreiheit. Teilen Sie die Unterscheidung zwischen dem Herzenseuropäer Schäuble und der Pragmatikerin Merkel? Leonhard Für mich steht Schäuble, der Jurist, eher für eine tief verwurzelte deutsche Rechtstradition: Verträge sind einzuhalten, Regeln gelten für alle. Denken Sie nur an die starke Stellung des Bundesverfassungsgerichts. Das ist in Frankreich oder Italien aus historischen Gründen anders. Diese tief verwurzelten Unterschiede verschwinden durch immer mehr europäische Integration nicht einfach. Das haben wir unterschätzt. Trotz oder wegen dieser Unterschiede haben wir einen emotionalen und symbolischen Überbau geschaffen, der in der Gefahr ist, das Projekt zu überfrachten. Das ist wie bei Liebespaaren: Je mehr man sich täglich die Liebe gesteht, desto größer ist die Enttäuschung, wenn es mal nicht gut läuft. Es ist ja absurd, Schäuble als Antieuropäer hinzustellen. Leben wir noch mehr im 20. Jahrhundert, als uns lieb ist? Leonhard Wir erleben zumindest, dass Dinge zurückkehren, von denen wir dachten, wir hätten sie längst hinter uns, das Denken in nationalen Interessen zum Beispiel. Aber die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts - denken Sie an die Kriege der Gegenwart, den globalen Terrorismus - sind andere, und die überkommenen Antworten passen darauf nicht mehr ohne Weiteres. Muss es stets auch Ziel deutscher Politik sein, sich Europa verträglich zu machen - auch wenn es eigenen Interessen widerspricht? Leonhard Das ist die Gretchenfrage der deutschen Politik. Helmut Kohl war klar: Er bekommt die Vereinigung nur, wenn er zur Vertiefung der europäischen Integration bereit ist. Das Paradox ist, dass auch in solchen Fällen immer gefragt wird, ob das nicht eine deutsche Hegemonie durch die Hintertür sei: also nicht durch politische Dominanz, sondern durch wirtschaftliche Potenz. Wie lässt sich das verhindern? Leonhard Gar nicht. Es ist egal, wie Deutschland sich verhält - früher oder später wird es immer mit diesem Konflikt konfrontiert. Das klingt, als wäre der deutsche Spielraum viel enger, als Deutschlands Kritiker es darstellen. Leonhard Mit Blick auf die Zahlen ist der Spielraum groß - theoretisch hat Deutschland eine Sperrminorität, etwa beim Euro-Rettungsfonds ESM. Aber so funktioniert Politik nun mal nicht. Politische Faktoren spiegeln sich nicht in Zahlenwerken. Die Beschlüsse des Griechenland-Gipfels sind mit dem Versailler Vertrag 1919 verglichen worden... Leonhard ... da stehen mir die Haare zu Berge. In Versailles ging es um Strafrecht, um Reparationen, nicht um Transferleistungen. Das ist ein perfider Vergleich. Der EU-Vertrag sieht eine "immer engere Union" vor. Ist das europäische Projekt tatsächlich unumkehrbar? Leonhard Griechenland zeigt, dass die Unumkehrbarkeit als europäische Staatsräson jedenfalls in eine Krise geraten ist. Ein riesiger Fehler wäre es zu sagen: Nur Unumkehrbarkeit sichert Frieden. Der Fetisch der Unumkehrbarkeit schränkt unsere politischen Möglichkeiten ein, rational über andere Optionen zu sprechen. Die Menschen merken es, wenn die Regeln über jede Grenze hinaus gebogen werden, nur um zu beweisen, dass es keinen Rückschritt gibt. Wenn die Glaubwürdigkeit der Preis für die Unumkehrbarkeit ist, wäre das ein sehr hoher Preis. Muss Europapolitik auch gegen Mehrheiten im Volk gemacht werden? Leonhard Die europäische Integration mit ihren Erfolgen hat nur auf der Basis von Regierungsbeschlüssen so gut funktioniert. Und hätten wir in Deutschland eine Volksabstimmung durchgeführt, hätten wir eine gute Chance für den Grexit gehabt. Bei aller berechtigten Kritik am Demokratiedefizit: Die großen Erfolge der EU - denken Sie an das friedliche Ende des Kalten Krieges und die Osterweiterung - waren auch ein Ergebnis der Regierungsbeschlüsse. Aber auch diese Politik erschöpft sich, weil die finanziellen Einsätze mit der Euro-Rettung so groß geworden sind. In der aktuellen Krise zeigt sich: Das alte Modell, wie Europa zusammengewachsen ist - immer mehr Integration, keine Rückschritte -, funktioniert nicht mehr, und ein neues Modell ist noch nicht ersichtlich. Auch daher die erkennbare Erschöpfung vieler Politiker. Wie sieht ein neuer Werkzeugkasten für Europa aus? Leonhard Es klingt abgedroschen, aber in der Krise liegt eine Chance. Über Europa ist lange nicht so intensiv gesprochen und nachgedacht worden: über die Leistungen - und über die Probleme. Das ist belastend, aber auch hilfreich, wenn daraus die Erkenntnis erwächst, dass wir nicht weitermachen können wie bisher. Und ganz konkret? Leonhard Das Europäische Parlament wird heute viel mehr wahrgenommen als früher. Tsipras' Auftritt in Straßburg war ein Event. Europa ist mehr als die Limousinen der Staatschefs, und die Gehäuse der Nationalstaaten werden durchlässiger. Trotz der noch bescheidenen Kompetenzen: Dieses Parlament hat ein enormes Potenzial.

 

Quelle: presseportal.de - Foto by flickr / Eugen Stoll

Ist Europa zu groß geworden?

Europa muss sich teilen - Leitartikel von Jochim Stoltenberg - BERLINER MORGENPOST

Berlin (ots) - Es klingt paradox, kommt der Wahrheit aber leider sehr nah: Die EU war zu attraktiv und damit zu erfolgreich, um auf Dauer die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen zu können. Mittlerweile 28 Mitgliedsländer auf einen Nenner zu bringen, zumindest solidarisch miteinander umzugehen, hat sich als kaum lösbare Aufgabe entpuppt.

Die Politik sollte sich ehrlich machen und eingestehen: Die EU ist zu groß geworden. Sie ist überdehnt. Eine bittere Einsicht. Aber das erneute Gefeilsche während des jüngsten Krisengipfels der europäischen Staats- und Regierungschefs und dessen mehr oder weniger entscheidungsloses Ende erlauben kaum noch einen anderen Schluss.

Rettung verspricht eine Gemeinschaft der zwei Geschwindigkeiten. Die Idee ist nicht neu. Wolfgang Schäuble und sein CDU-Kollege Karl Lamers haben sie schon vor mehr als zwanzig Jahren propagiert, um der erstarrten Gemeinschaft wieder Beine zu machen. Ein solches Europa der abgestuften Mitgliedschaft gibt es im Ansatz bereits: Weder der Eurozone noch dem Schengen-Abkommen gehören alle EU-Mitglieder an.

Die Schaffung eines Kerneuropa, umgeben von zögernden Partnern, denen die Tür ins Zentrum nicht verschlossen bleiben darf, wäre ein ebenso langwieriger wie schwieriger Prozess. Aber sie wäre das überfällige Signal, dass das so schwerfällig gewordene Europa seine selbst produzierte Blockade aufheben will.

Quelle presseportal  Foto by flickr/FrauSchütze

Was das hollandische "NEE" für Europa bedeutet

Die Holländer sagen nein zum Assoziierungsabkommen der EU und der Ukraine

Während in Deutschland viele Menschen ebenfalls der Meinung sind, dass dem Anwachsen der EU Einhalt geboten werden muss, da ein Wachsen der EU durchaus den Unternehmen hilft, aber den Menschen und den Staaten keineswegs, haben die Menschen in den Niederlanden Ernst gemacht und sich klar gegen das EU-Handelsabkommen ausgesprochen. Mehr als 60 Prozent der Wähler stimmten bereits am Mittwoch gegen dieses Abkommen.
Nun stehen die Verantwortlichen vor dem Dilemma, entweder die Wahl zu aktzeptieren und damit das Abkommen zu verletzen, oder sich gegen den Willen der Wähler an das Abkommen zu halten, auch wenn die Abstimmung natürlich rechtlich nicht bindend ist.

"de Volkskrant" (Niederlande): Kosmopolit unterliegt besorgtem Wähler

"Politisch ist das eine Niederlage des Establishments, gesellschaftlich unterliegt der kosmopolitisch denkende Niederländer dem Euro-Skeptiker. Ähnlich wie beim Referendum über die EU-Verfassung im Jahr 2005 zeigen die Niederlande ihren europäischen Bündnispartnern eine unerwartete Seite: nicht die eines mehrsprachigen, auf Zusammenarbeit orientierten Kosmopoliten, sondern die eines besorgten Wählers, dem zu viel Macht und Kontrolle nach Brüssel abfließt.

Oder ist das doch nicht so unerwartet? Auch beim ... Referendum von 2005 stand eine deutliche Mehrheit auf der Seite der Besorgten. Die rund zehn Jahre, die seitdem vergangen sind, boten wenig Anlass für einen anderen Gemütszustand. In dieser Zeit sollte der niederländische Wähler eine Kreditkrise, eine Wirtschaftskrise und eine Flüchtlingskrise verkraften."

"Dernières Nouvelles d'Alsace" (Frankreich): Risiko wachsender Euro-Skepsis

"Wahrscheinlich wird ein Nein beim Referendum in den Niederlanden über das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union das Bild der Welt nicht ändern, nicht einmal das von Europa ... Aber manchmal gilt es, vorsichtig zu sein mit dem Anschein. Diese Befragung kann gut ein Beginn sein und den Weg freimachen für eine viel größere Bewegung, die sich in dieser oder anderer Form über andere Länder erstrecken könnte. In wenig mehr als zwei Monaten bei der Abstimmung in Großbritannien ist das Risiko eines Übergreifens nicht mehr leichtzunehmen. In Anbetracht der Lage der EU und der Wahrnehmung durch ihre Einwohner ist jeder Fehler eine Schneise für Euro-Skeptiker."

"Kurier" (Österreich): EU rutscht mit "Nee" der Niederländer tiefer in die Krise

"Das Ergebnis gilt als Spiegel für die Unzufriedenheit und Skepsis der Bürger mit der EU. Das Resultat zeigt, dass es den EU-Gegnern gelungen ist, die Ukraine-Abstimmung zu benützen, um der EU und auch den Niederlanden eine schallende Ohrfeige für die Flüchtlingspolitik, einen Denkzettel zu verpassen.

Die Regierung hat es verabsäumt, die Bürger zu informieren, was das Abkommen mit der Ukraine bringt, nämlich große Handelsvorteile. Viele der Nein-Werber haben auch eine deutliche Sympathie mit Russland und Wladimir Putin gezeigt und argumentiert, das Ukraine-Abkommen würde den Konflikt der EU mit Russland weiter anheizen. Für Europa kommt das Votum zur Unzeit: Am 23. Juni stimmen die Briten über einen Verbleib in der EU ab. Die Brexit-Befürworter jubeln über das niederländische Ergebnis."

  • Publiziert in Politik
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