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Morgen wählt Griechenland ein neues Parlament

Tsipras' Scherbenhaufen - Die griechische Finanzkrise ist nicht beendet

Leitartikel von Bernd Hilder zur Griechenland-Wahl am Wochenende

Weimar (ots) - Egal, wer die Parlamentswahl in Griechenland gewinnt, ob Ministerpräsident Alexis Tsipras von der ultralinken Syriza-Partei oder sein konservativer Herausforderer Vangelis Meimarakis, eines ist gewiss: Die griechische Finanzkrise ist noch längst nicht beendet. Athen wird Europa noch sehr lange in Atem halten, auch wenn die ausufernde Flüchtlingskrise derzeit alles überlagert.

 

Der Popularitätsverlust des selbsternannten Heilsbringers Tsipras in seinem eigenen Volk ist leicht erklärbar. Viele seiner unrealistischen Versprechungen konnte er nicht halten, weil der Rest Europas ihm seine großen Ideen nicht finanzieren wollte. Viele Griechen müssen jetzt einsehen, dass es ihrem Land nach kaum mehr als einem halben Jahr Tsipras schlechter geht als je zuvor. Mit seinem chaotischen politischen Selbstfindungsprozess brachte Tsipras Griechenland an den Rand eines Grexits und verursachte einen wirtschaftlichen Scherbenhaufen.

 Vielen Griechen dämmert heute, dass sie versuchen müssen, ihre Schulden zurückzuzahlen, wenn sie weiterhin den Euro als Währung behalten wollen. Allerdings stellt sich die Frage, ob das überhaupt die beste Lösung ist. Niemand glaubt ernsthaft, dass Athen seine Schulden je wird begleichen können. Und offenbar nur die europäischen Regierungen gehen - naiv oder die Bürger bewusst irreführend - davon aus, dass sich das Land an die Sanierungsauflagen halten wird. Bisher hat Griechenland noch jede Vereinbarung gebrochen.

 Das gilt auch für die Nea Dimokratia, der Partei von Oppositionsführer Meimarakis. Und Tsipras hat schon angekündigt, dass er im Falle eines Wahlsieges die Sparauflagen in Brüssel zum Teil nachverhandeln will. In Europa sollte man sich auf ein viertes Hilfspaket einstellen.

 

 

Westfalenpost: Eine Allianz der großen Parteien ist nötig

Von Michael Backfisch

 

Hagen (ots) - Wieder einmal ist es ein Schicksals-Moment für Europa: Am Sonntag wählen die Griechen. Der Wahlausgang hat Signalwirkung für die Eurozone. Die Grundfrage: Gelingt es der Währungsgemeinschaft, milliardenschwere Hilfen an einen knallharten Reformkurs zu koppeln? Und werden die Zusagen auch umgesetzt?

 

Die EU-Regierungen haben Griechenland nach einem monatelangen Gezerre ein drittes Rettungspaket in Höhe von 86 Milliarden Euro gewährt. Die Finanzspritze ist allerdings an strenge Auflagen gebunden. Erhöhung der Mehrwertsteuer, Kürzung der Renten, Entschlackung des üppigen öffentlichen Sektors - die Liste der bitteren Pillen ist lang.

 

Der Linkspolitiker Alexis Tsipras, der sich vom polternden Rebellen zum eisenharten Pragmatiker gewandelt hatte, schluckte am Ende alles. Es war die einzige Möglichkeit, um nicht mit Karacho in der Staatspleite und danach im erzwungenen Euro-Austritt zu landen.

 

Für Griechenland kann dies nur eines bedeuten: Das Land muss auf dem Konsolidierungskurs weitermachen, der begonnen wurde. Die beste politische Medizin wäre eine große Koalition zwischen den mutmaßlich stärksten Parteien - dem Linksbündnis Syriza und der konservativen Nea Dimokratia.

 

Tsipras hat für seine Kehrtwende bereits einen hohen Preis bezahlt. Die Linksextremisten in der eigenen Partei sind ihm von der Fahne gegangen. Der Chef der Konservativen, Vangelos Meimarakis, ist zum Bündnis mit Syriza bereit. Es ist zu hoffen, dass beide - allen politischen Differenzen zum Trotz - eine Allianz in schwierigen Zeiten bilden.

 

 

neues deutschland: Wirtschaftsnobelpreisträger Stiglitz rät Athen zu Grexit als Ultima Ratio

Berlin (ots) - Kurz vor der Parlamentswahl in Griechenland spricht sich der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz für einen Grexit als Ultima Ratio für Athen aus. "Der Grexit ist keine gute Lösung. Doch wenn die Troika weiterhin auf Maßnahmen besteht, die die Wirtschaft abwürgen, sollten die Griechen die Eurozone verlassen", sagte Stiglitz im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Wochenendausgabe). Die Griechen müssten zu der Einsicht kommen, dass dieses "Stück Papier" nicht die europäische Identität definiere. Auch Länder wie Dänemark, Schweden oder Großbritannien seien ein Teil von Europa, obwohl sie nicht in der Währungsunion sind. Laut Stiglitz leide die EU an einem Demokratiedefizit. "Das Problem ist, dass Europa Regeln aufgestellt hat, die die Menschen in den Mitgliedsstaaten durch Wahlen nicht mehr ändern können." Sie könnten zwar ihre Stimme immer wieder für einen neuen Kurs in der Wirtschaftspolitik abgeben, doch dann werde ihnen gesagt, dass aufgrund der Regeln gar nichts verändert werden könne. "Das ist nicht gut für eine Demokratie." Die Kreditgeber-Institutionen forderte Stiglitz auf, ihre Politik gegenüber Griechenland zu ändern. "Denn das gegenwärtige Programm macht die Rezession nur schwerer und länger", so der Ökonom. Nötig sei eine Umstrukturierung der griechischen Schulden, die wahrscheinlich auch kommen werde. "Vor allem müsste die Vorgabe eines Haushaltsüberschusses von 3,5 Prozent des BIP auf ein vernünftiges Maß abgesenkt werden", sagt Stiglitz.

 

Quelle presseportal Foto by flickr/Christopher Chan

 

Letzte Änderung amSamstag, 19 September 2015 18:56

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